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Parkinson: 3 Perspektiven der Zelltherapie

Veröffentlicht am 27 August 2024 Lesen 25 min

Die Ursachen von Parkinson, einer neurodegenerativen Erkrankung, welche durch die fortschreitende Zerstörung der dopaminergen Neuronen in der Substantia nigra des Gehirns gekennzeichnet ist, sind noch immer unbekannt. Zudem konnte bislang keine heilende Behandlung gefunden werden. Die Therapie eines Patienten mit Parkinson erfolgt derzeit durch orale dopaminerge Medikamente, welche im Wesentlichen auf die motorischen Symptome wirken. Mit dem Fortschreiten der Erkrankung zeigen diese Medikamente jedoch zunehmend unerwünschte Effekte und verlieren ebenfalls nach und nach an Wirksamkeit. Anschließend werden sie durch Zweitlinienbehandlungen ersetzt, welche auf eine kontinuierliche Ausschüttung von Dopamin abzielen. Zelltherapien, welche in Zukunft mit Sicherheit zu dieser Kategorie von Behandlungen gehören werden, könnten drei neue Perspektiven eröffnen: (1) Die Verbesserung des Zustandes der betroffenen und degenerierten neuronalen Schaltkreise, (2) die Verbesserung der Lebensqualität von Parkinson-Patienten sowie (3) die Erweiterung des Behandlungsspektrums, stellen die wesentlichen Vorteile der Zelltherapie dar. Im Folgenden haben wir das Wichtigste zu diesen 3 Bereichen zusammengefasst.

Wiederherstellung der neuronalen Schaltkreise

Im Falle einer Entwicklung von Zelltherapien zur Behandlung von Parkinson ist davon auszugehen, dass diese als Zweitlinienbehandlung angeboten werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das Arsenal der Zweitlinienbehandlung bereits heute durch die Tiefenhirnstimulation, die Apomorphin-Pumpe, die Duodopa-Pumpe sowie die fokussierte Ultraschall-Thalamotomie definiert ist.

Die derzeitigen Zweitlinienbehandlungen gegen Parkinson sind zwar für die Patienten wirksam, jedoch reparieren sie die betroffenen neuronalen Schaltkreise nicht. Es handelt sich um Behandlungen, welche lediglich die Symptome reduzieren. Sie stellen die Freisetzung von Dopamin auf künstliche Weise wieder her oder umgehen die Blockade eines gestörten neuronalen Schaltkreises:

  • Pumpenbehandlungen welche z.B., mittels einer Apomorphin-Pumpe oder einer Duodopa-Pumpe durchgeführt werden, zielen darauf ab, die Dopaminversorgung durch die Verbreitung der entsprechenden Produkte über subkutane oder intestinale Injektionen wiederherzustellen.
  • Die zerebrale Stimulation wirkt stromabwärts der erkrankten neuronalen Schaltkreise und aktiviert den Nucleus subthalamicus durch elektrische Impulse, wodurch die Auswirkungen des Dopaminmangels korrigiert werden.
  • Im Rahmen der fokussierten Ultraschall-Thalamotomie erfolgt eine gezielte Erhitzung und Zerstörung eines kleinen Teils des Thalamus durch fokussierte Energieblitze (Ultraschall). Dies führt zu einer sofortigen Linderung des Zitterns.

Die derzeitigen Zweitlinienbehandlungen zielen nicht darauf ab, die dopaminergen neuronalen Schaltkreise umzustrukturieren. Demgegenüber sind Zelltherapien, bei denen gesunde Zellen in das Gehirn des Patienten injiziert werden, um die erkrankten Zellen zu ersetzen, dazu theoretisch in der Lage. Sofern das Transplantat vom Patienten nicht abgestoßen wird, finden die Zellen ihren Platz im neuronalen Netz und tragen zu dessen Wiederherstellung bei. Zelltherapien stellen somit eine Therapieform dar, welche die von der Parkinson-Krankheit betroffenen Schaltkreise reparieren soll und folglich die normale Funktion dieser Schaltkreise wiederherstellt. Dadurch könnte die Intensität der durch die Degeneration hervorgerufenen Symptome reduziert werden.

Verbesserung der Lebensqualität von Parkinson-Patienten

Das Auftreten motorischer Komplikationen, deren Ursache insbesondere in der Unwirksamkeit der Erstlinienbehandlung zu finden ist, markiert den Beginn der Komplikationsphase und die Notwendigkeit einer Anpassung der Behandlung des Parkinson-Patienten. Ist eine Anpassung der Erstlinienbehandlung nicht mehr ausreichend, muss auf eine Zweitlinienbehandlung umgestellt werden. Zweitlinienbehandlungen werden vorgeschlagen, um die tägliche Routine zu erleichtern, bleiben jedoch aus verschiedenen Gründen restriktiv:

  • Pumpenbehandlungen implizieren die kontinuierliche Verbindung externer Geräte mit dem Körper des Patienten sowie eine regelmäßige Pflege derselben. Dies hat eine Einschränkung der Mobilität und Lebensqualität des Patienten zur Folge.
  • Die Ultraschall-Thalamotomie stellt ein irreversibles Verfahren dar, durch welches lediglich das mit der Parkinson-Krankheit assoziierte Zittern therapiert werden kann. Die übrigen Symptome, darunter Steifheit, Akinese und Dyskinesie, werden durch diese Therapie jedoch nicht gelindert.
  • Die Tiefenhirnstimulation, gegenwärtig, als die effektivste verfügbare Zweitlinienbehandlung betrachtet, ist mit eigenen Komplikationen assoziiert. Die Implantation eines nichtphysiologischen Materials – bestehend aus Elektroden und einem elektrischen Impulsgenerator – in den Körper des Patienten erfordert eine regelmäßige Überwachung, um sicherzustellen, dass das Material nicht beeinträchtigt wird.

Zelltherapien können die Lebensqualität der Patienten erheblich zu verbessern. Im Gegensatz zur Tiefenhirnstimulation besteht das Implantat aus physiologischem Material, sodass weder eine besondere Überwachung noch ein zusätzlicher chirurgischer Eingriff zum Austausch der Batterien in den implantierten Geräten erforderlich ist. Des Weiteren ist keine externe Geräteanbindung erforderlich, sodass eine Beeinträchtigung der Mobilität des Patienten durch ein zusätzliches Gerät vermieden wird. Die Therapie basiert auf der biologischen Funktionsweise des Gehirns selbst und zielt darauf ab, den Patienten ein signifikantes Maß an Freiheit, Mobilität und damit Lebensqualität zurückzugeben.

Erweiterung des derzeitigen therapeutischen Arsenals für die Parkinson-Krankheit

Derzeit umfasst das Arsenal der Zweitlinientherapien vier Behandlungen, die sich hinsichtlich ihrer Zulassungskriterien unterscheiden. Die genannten Behandlungen entsprechen unterschiedlichen Bedürfnissen und richten sich nicht an dieselbe Patientengruppe. Des Weiteren zeigen sie ein unterschiedliches Nebenwirkungsspektrum. Während Pumpenbehandlungen auf ältere Menschen abzielen, deren kognitiver Zustand nicht besonders gut sein muss, wird die tiefe Hirnstimulation für Menschen unter 70 Jahren empfohlen, die einen einwandfreien kognitiven Zustand aufweisen und für eine Operation in Frage kommen. Hierbei sind jedoch die infektiösen und hämorrhagischen Risiken zu berücksichtigen.

Unter den verschiedenen Behandlungsmethoden für die Parkinson-Krankheit würde die Zelltherapie eine ähnliche Patientengruppe ansprechen wie die tiefe Hirnstimulation. Die Resultate der initialen klinischen Studien werden zu einem späteren Zeitpunkt Aufschluss über die genaue Positionierung der Zelltherapie innerhalb dieses Spektrums geben.   In jedem Fall würde die Einführung einer neuen Behandlung in der fortgeschrittenen Phase das therapeutische Angebot erweitern, d.h., den Patienten eine größere Auswahl an Behandlungsmöglichkeiten bieten, ihre Entscheidungsbefugnis stärken und damit ihre Patientenerfahrung verbessern. Diese Entscheidungsbefugnis erlangt umso mehr an Wert, wenn es um die Wahl von Behandlungen geht, die einen hohen Grad an Invasivität und Aufwand aufweisen, wie dies bei der Zweitlinienbehandlung der Fall ist.

Die Realisierung einer Zelltherapie zur Behandlung von Parkinson würde eine Wiederherstellung der durch die Degeneration geschädigten neuronalen Schaltkreise, eine Verbesserung der Lebensqualität der Patienten sowie eine Erweiterung des derzeitigen therapeutischen Angebots bedeuten. Dadurch erhielten Parkinson-Patienten eine größere Entscheidungsfreiheit bei der Wahl ihrer Behandlung. Die Zelltherapie birgt vielversprechende Aussichten, jedoch ist zu berücksichtigen, dass ihr Einsatz in den Krankenhäusern von verschiedenen Faktoren abhängt. Dazu zählen die nachgewiesene Wirksamkeit in klinischen Studien, die Bereitschaft der Patienten sowie die Zustimmung von Fachleuten zu dieser Therapie, das Vorhandensein adäquater Ausrüstung für das entsprechende chirurgische Verfahren und weiteres. Zögern Sie nicht, unser Team zu kontaktieren.


Über die Autorin, 

Hortense, Consultant in Alcimeds Life Sciences Team in der Schweiz

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