Healthcare

Wie verbessern Pharmaunternehmen das Recycling ihrer Arzneimittelverpackungen?

Veröffentlicht am 12 Dezember 2024 Lesen 25 min

Die Pharmaindustrie geht heute klare Verpflichtungen zur Nachhaltigkeit ein. Nachhaltigkeitsinitiativen sind zu einer wirtschaftlichen Notwendigkeit, einem wichtigen Faktor zur Stärkung des Markenimage und des Vertrauens von Verbrauchern und Investoren sowie zur langfristigen Senkung der Betriebskosten geworden. Darüber hinaus können sie für Bewerber den Unterschied machen und sie erlauben es, auf den zunehmenden Regulierungsdruck zur Reduzierung des CO2-Fußabdrucks zu reagieren.

Es geht dabei um verschiedene Themen: den Klimawandel, die Verknappung von Wasser und Ressourcen, die Umweltverschmutzung und die großen Mengen an Abfall, die anfallen, und insbesondere Plastikmüll.

Zu dieser Problematik tragen auch neue und personalisierte Medikamente bei, die neue, komplexe und maßgeschneiderte Verpackungslösungen erfordern und somit zu einem erheblichen Anstieg des Abfallaufkommens führen. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass in der Pharmaindustrie jährlich über 300 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle anfallen, von denen 50 % für den einmaligen Gebrauch bestimmt sind1https://finance.yahoo.com/news/sustainable-biodegradable-eco-friendly-packaging-084600578.html?guce_referrer=aHR0cHM6Ly93d3cuZXVyb3BlYW5waGFybWFjZXV0aWNhbHJldmlldy5jb20v&guce_referrer_sig=AQAAACEsfYfH9QfYMJKujJ0JpcN6VN-ishEkhWIJR_vusqbBsNH7P43lbzlERVFNyt7dhH7wbsW7YkU2_u_Ijui0BNcw9pdbr4pWzvIv_zR4CXE6-zKS7rwd1iFXjYXIWR2EoHfYtK0A3cjCSDXhaKC4Tk0W36l0FndQb5YtGlIOeZZc&guccounter=2.

Dieser Entwicklung wird generell mit den sogenannten „3R“ entgegengewirkt: Reduzieren, Wiederverwenden und Recyceln (aus dem Englischen reduce, reuse, recycle). Obwohl die Unternehmen in der Branche so weit wie möglich versuchen, die ersten beiden „R“ (Reduzieren und Wiederverwenden) umzusetzen, ist dies aufgrund der strengen gesetzlichen Anforderungen und der technischen Einschränkungen, die der Pharmasektor mit sich bringt, nicht immer möglich. Daher wird parallel dazu viel an der Recyclingfähigkeit von Arzneimittelverpackungen gearbeitet.

In diesem Artikel untersuchen wir von Alcimed die verschiedenen Strategien, die Pharmaunternehmen zur Verbesserung der Recyclingfähigkeit ihrer Verpackungen anwenden, und die Herausforderungen, mit denen sie sich auf ihrem Weg zu mehr Nachhaltigkeit konfrontiert sehen.

Was ist mit der Recyclingfähigkeit einer Verpackung gemeint?

Die Recyclingfähigkeit einer Verpackung bezeichnet die Möglichkeit, eine Verpackung wiederzuverwerten. Die Recyclingfähigkeit wird anhand von 4 Kriterien definiert:

  • Verwendetes Rohmaterial: Die Verpackung muss aus einem Material hergestellt sein, das in Recycling-Systemen aufgenommen wird, einen Marktwert hat und/oder von einem gesetzlich beauftragten Programm unterstützt wird.
  • Sortierbarkeit: Die Verpackung muss so gestaltet sein, dass sie leicht sortiert und einem Recyclingstrom zugeführt werden kann, der aus einer einzigen Materialart besteht, die dem Hauptrohmaterial entspricht, aus dem die Verpackung besteht.
  • Recyclingfähigkeit: Die Verpackung muss mit kommerziellen Recyclingverfahren aufbereitet und recycelt werden können.
  • Mögliche Wiederverwendung des Rohstoffs: Das recycelte Material muss zu einem Rohstoff werden können, der für die Herstellung neuer Produkte verwendet wird.

Es gibt jedoch Faktoren, welche die Möglichkeiten, eine Verpackung zu sortieren und/oder recyclen, einschränken können. Beispielsweise können eine zu kleine Verpackung, eine Zusammensetzung aus mehreren Materialien, das Vorhandensein von Etiketten oder eine zu dunkle Farbe der Verpackung sowohl den Sortier- als auch den Recyclingprozess der Verpackungen stören.

Daher variiert die Recyclingfähigkeit einer Verpackung je nachdem, wie gut sie diese Kriterien erfüllt. Es gibt verschiedene Tools zur Bewertung der Recyclingfähigkeit von Verpackungen, mit denen sich das Ende ihrer Lebensdauer vorhersagen lässt. Das online verfügbare Recyclass-Tool vergibt beispielsweise Bewertungen der Recyclingfähigkeit von A bis F, wobei A eine Verpackung beschreibt, die direkt für denselben Zweck wiederverwendet werden kann, für den sie ursprünglich gedacht war, und F bedeutet, dass die Verpackung nicht recycelt werden kann. Meistens fallen die Erstverpackungen von Medikamenten eher in die letzte Kategorie, weshalb an der Recyclingfähigkeit dieser Verpackungen gearbeitet werden sollte.

Welche Möglichkeiten gibt es, das Recycling von Arzneimittelverpackungen zu fördern?

Öko-Design

Die Verbesserung der Recyclingfähigkeit von Verpackungen ist Teil des Ökodesign-Ansatzes der Pharmaindustrie. Diese Methode zielt auf eine effizientere Nutzung von Rohstoffen und Energie während des gesamten Produktlebenszyklus ab und ermöglicht es den Unternehmen so, ihre Kosten zu senken und gleichzeitig ihre Umweltauswirkungen zu minimieren.

Die Verbesserung der Recyclingfähigkeit von Arzneimittelverpackungen ist Teil dieses Ansatzes und schließt verschiedene Überlegungen ein, die zunächst die Wahl des verwendeten Rohstoffs betreffen. So ist es beispielsweise besser, recycelbare Kunststoffe wie PE, PET, PP und PS anstelle von PVC, PLA und PC zu verwenden, die schwer zu recyceln sind. Glas hingegen ist gut recycelbar und kann eine gute Alternative zu Kunststoffen darstellen. Ein weiterer Verbesserungsansatz besteht darin, Verpackungen so weit wie möglich aus einem einzigen Material herzustellen, da das Vorhandensein mehrerer Materialien in einer Verpackung die Sortier- und Recyclingprozesse schwierig macht. Darüber hinaus können bestimmte Formate an Arzneimittelverpackungen die Sortierung optimieren. So rollen beispielsweise nicht-zylindrische Verpackungen weniger über die Sortierbänder, was ihre Recyclingfähigkeit verbessert.

Viele Laboratorien testen solche Ökodesign-Konzepte. Sanofi hat angekündigt, dass alle neuen Produkte bis 2025 ökologisch gestaltet werden sollen. Das CIPLA-Labor gibt an, dass 91,03 % der von ihm hergestellten Produkte bereits gesammelt, wiederverwendet oder recycelt werden, und verpflichtet sich, Kunststoff vor und nach dem Gebrauch zu sammeln, um ihn zu recyceln und so die Deponierung auf Mülldeponien zu vermeiden.


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Verbesserung von Sortier- und Recyclingketten oder die Schaffung von speziellen Recyclingwegen

Die Verbesserung der Eigenschaften von Arzneimittelverpackungen kann durch produktbezogene Faktoren eingeschränkt werden, die ihre Aufnahme in die herkömmlichen Recyclingwege verhindern. Faktoren wie eine zu kleine Größe, eine komplexe Zusammensetzung mit nicht ablösbaren Multi-Material-Elementen oder gefährliche Teile wie Nadeln sind häufig unvermeidbar und die Ursache einer mangelnden Recyclingfähigkeit.

Um diesem Problem entgegenzuwirken können Unternehmen für bestimmte Arten von Verpackungen spezielle Recyclingwege einrichten. Dazu gehören die Einrichtung spezieller Sammelkanäle, die zentrale Sammlung der Verpackungen und die gesammelte Weiterleitung an spezialisierte Recyclingunternehmen. Diese Akteure verfügen über geeignete Sortier- und Recyclingketten und können so die Verpackung ganz oder teilweise zurückgewinnen, um sie für die Herstellung neuer Produkte wieder zu verwenden.

Novo Nordisk hat 2019 die Initiative Returpen gestartet, um seine Einweg-Injektionspens für Insulin zu recyceln. Das Programm, das zunächst nur in ein paar Ländern eingeführt wurde (darunter Dänemark, Großbritannien und Brasilien, gefolgt von Frankreich im Jahr 2022), ermöglicht es Patienten, ihre gebrauchten Pens in Apotheken zurückzugeben. Diese Stifte werden dann durch Partnerschaften mit dänischen Designmarken zu Stühlen und Lampenkugeln verarbeitet. Erste Ergebnisse zeigen eine Rückgabequote von ca. 20 % in Dänemark, wo seit dem Start 77 000 Stifte gesammelt wurden, was 2 Tonnen Kunststoff entspricht. In Großbritannien wurden seit dem Start des Pilotprojekts im Jahr 2021 mehr als 15.000 Stifte recycelt. Das Ziel ist es, bis 2030 50 % der Stifte zu recyceln1https://www.novonordisk.fr/sustainable-business/Returpen.html.

Ähnliche Maßnahmen wurden für treibgasgetriebene Dosieraerosole (pMDI) ergriffen, die aufgrund ihrer Multi-Material-Zusammensetzung und des Vorhandenseins von umweltschädlichem Restgas nicht über die herkömmlichen Wege recycelt werden können. GSK, Chiesi und Teva haben in Großbritannien und Irland Programme zum Recycling von Inhalatoren gestartet. Die Inhalatoren werden in Apotheken oder per Post gesammelt und an Grundon Waste Management geschickt, ein Unternehmen, das sich auf das Recycling von Kunststoffen, Aluminium und Gasen spezialisiert hat. Wie bei Insulinpens werden hier die Bestandteile der Inhalatoren getrennt, um sie effizient zu recyceln.

Die Abfallentsorgung ist eine der größten Herausforderungen der Pharmaindustrie mit Blick auf ihre Nachhaltigkeitsziele. Einer der Hebel, um die Abfallentsorgung zu verbessern, ist die Recyclingfähigkeit von Arzneimittelverpackungen. Dazu kann die Optimierung der Verpackungseigenschaften oder die Schaffung neuer Recyclingwege für komplexe Verpackungen beitragen.

Es gibt jedoch nach wie vor Herausforderungen. Damit eine Verpackung tatsächlich recycelt werden kann, muss sie am richtigen Ort abgegeben werden. Für den Verbraucher ist es jedoch nicht immer leicht zu erkennen, wo er seine Verpackung abgeben soll, insbesondere wenn es sich um spezialisierte Recyclingwege handelt. Nicht alle Verbraucher bemühen sich systematisch, ihre Verpackungen an den richtigen Ort zurückzubringen.

Daher ist es wichtig, den Verbrauchern bewährte Verfahren zu erklären und einfache und vielfältige Sammelmethoden anzubieten. Der Austausch zwischen den verschiedenen Akteuren – Pharmaindustrie, Verpackungshersteller, Sortier- und Recyclingunternehmen – ist von entscheidender Bedeutung, um Innovationen zu fördern und die Kommunikation zu optimieren. Darüber hinaus sollten Unternehmen die Entwicklung von Verpackungsinnovationen auch in anderen Branchen beobachten.

Alcimed kann Sie bei der Analyse des Ökosystems und der Festlegung Ihrer Strategien für das End-of-Life-Management von Verpackungen in der Pharmaindustrie begleiten. Zögern Sie nicht, unser Team zu kontaktieren!


Über die Autorin, 

Justine, Consultant in Alcimeds Healthcare Team in Frankreich

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