Nachhaltige Mobilität: eine sehr große Vielfalt an Einsatzmöglichkeiten im Herzen der Stadt
Die OECD-Definition von Mikromobilität lautet wie folgt: Nutzung eines Fahrzeugs mit einem Gewicht von weniger als 350 kg und einer Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h. Diese Definition umfasst eine breite Palette von Fahrzeugen, ob neu oder alt, ob motorisiert oder nicht, ob elektrisch oder mit Verbrennungsmotor. Um diese Vielfalt zu veranschaulichen, können wir an folgende Lösungen denken: Rollerblades, Skateboards, Monowheels, Hoverboards, elektrische Kick-Scooter, Cargo-Bikes, Walking-Bikes, Speed-Bikes, 50CCM-Roller…
Diese große Auswahl an nachhaltigen Mikromobilitätslösungen impliziert eine große Vielfalt an Einsatzmöglichkeiten. Von diesen Lösungen dürfen nur nicht motorisierte Personenbeförderungsmittel, d.h. Tretroller, Rollerblades oder nicht motorisierte Skateboards, auf dem Bürgersteig im Schritttempo fahren. Motorisierte Fahrzeuge müssen auf der Straße oder auf Radwegen fahren und sind außerhalb von Stadtgebieten nicht erlaubt, es sei denn, es liegt eine örtliche Genehmigung vor. Auf der anderen Seite des Spektrums der Mikromobilitätslösungen dürfen 50CCM-Roller nicht auf Radwegen oder Busspuren fahren. Während neue Fahrradmodelle wie Lastenfahrräder den Transport von mehreren Personen erleichtern, sind motorisierte Personentransporter strikt der individuellen Nutzung vorbehalten und unterliegen andernfalls Strafen.
In den letzten 20 Jahren hat in Frankreich das Fahrradfahren in den Großstädten um 60 % zugenommen, während es auf dem Land um 45 % zurückgegangen ist.
Der Trend zur Mikromobilität verändert den Transport auf der letzten Meile, sowohl im Güter- als auch im Personenverkehr. Im Personenverkehr geht die massive Verbreitung von Mikromobilitätslösungen mit einer Zunahme der geteilten Mobilität (engl.: shared mobility) einher, insbesondere dank der Vervielfachung von Plattformen, die frei zugängliche Fahrzeuge anbieten oder Andockstationen nutzen. Was den Gütertransport betrifft, so haben die Unternehmen dank dieser breiten Palette an motorisierten Fahrzeugen ihre Lieferstrategien neu überdacht. Stuart, der europäische Marktführer für On-Demand-Lieferungen, arbeitet für eine große Zahl von Unternehmen, von Lebensmittelherstellern bis hin zum Einzelhandel, die sich im E-Commerce bewegen.
Trotz dieses zunehmenden Trends werden Mikromobilitätslösungen hauptsächlich in städtischen Gebieten von Männern und Angestellten genutzt. In den letzten 20 Jahren hat in Frankreich das Fahrradfahren in den Großstädten um 60 % zugenommen, während es auf dem Land um 45 % zurückgegangen ist. Auch wenn immer mehr Frauen Fahrrad fahren, was vor allem auf die steigende Zahl der Nutzungen zurückzuführen ist, machen sie immer noch nur 35 % der gesamten Radfahrerpopulation aus. Ein weiterer Wandel ist darin erkennbar, dass immer mehr Angestellte Mikromobilitätslösungen nutzen, während ältere Menschen und Arbeiter auf diese Lösungen verzichten. Darüber hinaus sind mehr als 2/3 der Nutzer von motorisierten Individualverkehrsmitteln Berufspendler oder junge Stadtbewohner.
Mikromobilität: eine perfekte Ergänzung zu Stadtentwicklungsstrategien
Die zunehmende Zahl von „Umweltzonen“, insbesondere in Europa, bringt unsere Mobilitätsgewohnheiten ins Wanken und erhöht die Attraktivität von Mikromobilitätslösungen.
Wie bereits erwähnt wächst die Mikromobilität schnell. Tatsächlich wurden in Frankreich im Jahr 2020 mehr als 4,5 Millionen Fahrzeuge verkauft, darunter mehr als 500.000 Elektrofahrräder und fast 650.000 Elektro-Scooter. Dieses Wachstum wird durch mehrere wichtige Trends wie die Elektrifizierung und Digitalisierung unserer Verkehrsmittel unterstützt. Während die Zahl der verkauften Fahrräder in Frankreich in den letzten Jahrzehnten konstant geblieben ist (etwa 3 Millionen neue Fahrräder pro Jahr), ist die Zahl der Elektrofahrräder von 5 % der Verkäufe im Jahr 2016 auf fast 20 % im Jahr 2020 angestiegen. Die Elektrifizierung der individuellen Transportlösungen hat ihr Image verändert, da sie nicht mehr als Spielzeug, sondern als echte Transportmittel angesehen werden.
Die Strategie der Metropolen besteht darin, den Nahverkehr zu fördern, und die Mikromobilität ist ein Teil der Antwort. Dieser neue Mobilitätsplan, der von den französischen Stadträten angenommen wurde, ist von dem von Carlos Moreno entwickelten Konzept der „15-Minuten-Stadt“ inspiriert. Dieses Konzept verspricht den Stadtbewohnern, dass sie die wichtigsten Einrichtungen innerhalb von 15 Minuten mit dem Auto oder zu Fuß erreichen können. Die Verbreitung der Mikromobilität wird die Entwicklung dieses Konzepts erleichtern und umgekehrt. Das Neudenken städtischer Gebiete und insbesondere der Straßen, um eine sehr lokale urbane Mobilität zu entwickeln, umfasst Veränderungen wie z. B. die Vergrößerung von Bürgersteigen, die Verringerung der Anzahl an Parkplätzen, die Erhöhung der Anzahl an Fahrradwegen… Einige Unternehmen wie Fifteen – Eigentümer des Fahrradverleih-Dienstes Velib‘ in Paris – betrachten diese neue urbane Mobilität als eine Art Symbol.
Die zunehmende Zahl von „Umweltzonen“, insbesondere in Europa, bringt unsere Mobilitätsgewohnheiten ins Wanken und erhöht die Attraktivität von Mikromobilitätslösungen. Diese Lösungen sind in der Tat emissionsfrei und stellen eine echte Alternative zu verbrennungsbetriebenen Autos dar, sei es für den persönlichen Gebrauch durch Multimodalität oder für den Gütertransport, wie das Wachstum der Fahrradlogistik zeigt.
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Den richtigen Weg für die Mikromobilität finden
Der erste Schritt in dieser Entwicklung ist die Klärung der Regulierung. Die derzeitige Regulierung befindet sich in der Entstehungsphase und ist unvollständig. In Frankreich hat die Straßenverkehrsordnung die motorisierten Personentransporter erst 2019 mit dem LOM-Gesetz berücksichtigt. So wurde im Januar 2022 eine Lücke mit einer spezifischen Regelung für „Leichtmofas“ gefüllt, motorisierte Personentransporter, die wie Fahrräder ohne Pedale aussehen. Dennoch wurden im Jahr 2020 31.000 dieser Maschinen verkauft, ohne dass es einen rechtlichen Rahmen gab. Unzählige Debatten entstehen derzeit, wie zum Beispiel rund um die Fragen: Warum werden nicht geschwindigkeitsbegrenzte Fahrzeuge als Mofas betrachtet? Wie lassen sich Unfälle eindämmen und welche Ausrüstung sollte für die Fahrer vorgeschrieben sein? Welche Art von Versicherung sollten sie abschließen?
Der zweite Schritt für die Entwicklung von Mikromobilität ist das Auftreten von Schlüsselakteuren. Es gibt immer noch große Unterschiede zwischen den Märkten für Fahrräder, Kleintransporter und Motorräder. Nur sehr wenige Erstausrüster stellen diese drei Fahrzeugtypen her, obwohl es immer mehr neue Anbieter auf dem Markt gibt. Weder Newcomer, die Elektroroller herstellen, wie Red Electric oder NIU, noch Hersteller von Personentransportern, wie Xiaomi oder Airwheel, noch Hersteller von Elektrofahrrädern, wie Cowboy oder Van Moof, haben sich entschlossen, mehrere Marktsegmente auf einmal zu bedienen. Diese Diskrepanzen sind auch in der Wertschöpfungskette sichtbar. Im vorgelagerten Bereich sind die Hersteller von Teilen und Zubehör spezialisiert. Im nachgelagerten Bereich bieten die Händler von Fahrrädern oder Motorrollern nur selten Elektro-Scooter an. Der Markt für Mikromobilität ist kaum strukturiert. Free-Floating-Plattformen integrieren jetzt neue, segmentübergreifende Angebote mit Mikromobilitätslösungen, die sie ihren Kunden anbieten. Mehrere Geschäfte bezeichnen sich mittlerweile als „Spezialisten für urbane Mobilität“ oder „E-Mobilität“ und bieten gleichzeitig Tretroller, Fahrräder und Elektroroller an.
Die Entwicklung und Verbreitung unzähliger Kleinstfahrzeuge trägt dazu bei, dass sich sowohl unsere Städte als auch unsere Verkehrsgewohnheiten verändern. Bei dieser neuen Mobilität geht es nicht nur um den Verkauf von elektrischen Kick-Scootern oder die Entwicklung neuer Fahrradwege. Mikromobilität bietet, so vielfältig wie sie ist, heutzutage zahlreiche Innovationen und wirft viele Fragen auf. Wie geht man mit dem Ende der Lebensdauer der Batterien um? Wie sieht die Rollenverteilung zwischen öffentlichen und privaten Akteuren aus? Wie können diese neuen Lösungen in unsere derzeitigen Verkehrsmittel und -gewohnheiten integriert werden? Wenn Sie Fragen zu diesen neuen Mobilitätsformen haben, steht Ihnen unser Team für Energie, Umwelt und Mobilität gerne zur Verfügung!
Über den Autor,
Maxime, Sales Manager in Alcimeds Energie-, Umwelt- und Mobilitätsteam in Frankreich