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CAR-NK-Zelltherapie: ein Wendepunkt in der Krebsbehandlung?

Veröffentlicht am 13 April 2022 Lesen 25 min

Die auf chimären Antigenrezeptoren (CAR) basierende NK-Zell-Therapie hat in jüngster Vergangenheit als neuartiges therapeutisches Instrument zur Behandlung von Krebserkrankungen viel Aufmerksamkeit erregt. NK-Zellen, auch als natürliche Killerzellen bezeichnet, gehören zu den Lymphozyten und reagieren schneller auf Krankheitserreger als das adaptive Immunsystem. Im Vergleich zu T-Zellen weisen NK-Zellen aufgrund ihrer natürlichen Anti-Tumor-Rezeptoren sowie ihrer allogenen Kompatibilität eine höhere Eignung als CAR-Basis mit höherer Wirksamkeit und sichererer klinischer Anwendung auf. Des Weiteren wird die CAR-NK-Zelltherapie mit ihrem „Off-the-shelf”-Potenzial eine neue Revolution in der Immuntherapie von Krebs auslösen. In diesem Artikel beleuchten wir die wesentlichen Vorteile und Herausforderungen der CAR-NK-Zelltherapie.

Was ist CAR-NK-Zelltherapie?

CAR-NK-Zelltherapie stellt eine neuartige Immuntherapiestrategie dar, bei der gentechnisch modifizierte NK-Zellen zur Bekämpfung spezifischer Krebsarten zum Einsatz kommen. Dabei kann es sich sowohl um flüssige als auch um feste Tumore handeln. Die Gewinnung von NK-Zellen kann auf unterschiedlichen Wegen erfolgen, beispielsweise von Patienten, gesunden Spendern oder Laborzellen, zu denen beispielsweise induzierte pluripotente Stammzellen (iPSC) zählen.

Der genetische Code der spezifischen CAR-Rezeptoren für den Zieltumor wird in das Genom der NK-Zellen eingebaut und anschließend auf der Zelloberfläche exprimiert. Vor der Transfusion in den Patienten werden die CAR-NK-Zellen unter günstigen Kulturbedingungen angereichert. Im Anschluss daran fungieren die CAR-Rezeptoren als „GPS-Navigator” zu den lokalen NK-Zellen, indem sie das Zielantigen auf dem Tumor binden, sobald sie in den Blutkreislauf gelangt sind. Im Anschluss setzen die NK-Zellen porenbildende Proteine frei, welche schlussendlich die Zerstörung der Krebszellen bewirken.

Welche Vorteile hat die CAR-NK-Zelltherapie gegenüber der CAR-T-Zelltherapie?

Aufgrund ihrer einzigartigen physiologischen Eigenschaften werden NK-Zellen als überlegene CAR-Basis gehandelt. Der Austausch der CAR-Therapie Basis durch NK-Zellen ermöglicht eine bemerkenswerte Lösung für Probleme mit der autologen Restriktion oder schwerwiegender Nebenwirkungen, die durch die CAR-T-Zelltherapie verursacht werden.

„Off-the-shelf“ Potenzial

NK-Zellen sind nicht an eine autologe Umgebung gebunden, was bedeutet, dass Patienten allogene NK-Zellen aus verschiedenen Quellen erhalten können, ohne dass ein Auftreten von Graft-versus-Host-Disease (GVHD) droht. Dies ist darauf zurückzuführen, dass NK-Zellen im Gegensatz zu T-Zellen keine Übereinstimmung mit dem humanen Leukozyten-Antigen (HLA) erfordern. Diese Eigenschaft eröffnet die Möglichkeit, rationalisierte Herstellungsprozesse für CAR_NK-Produkte zu entwickeln, um dadurch die Skalierbarkeit zu erhöhen, ohne dass eine Anpassung an einzelne Patienten erforderlich ist. Darüber hinaus handelt es sich bei den aus iPSC gewonnenen NK-Zellen um eine homogene Population im Vergleich zu Zellen aus anderen Quellen, was die Standardisierung als „Off-the-shelf“ Produkt gewährleistet.

Sicherere klinische Anwendungen

Die Lebenserwartung von NK-Zellen ist im Vergleich zu anderen zytotoxischen Lymphozyten verkürzt. Diese Eigenschaft kann dazu beitragen, das Risiko eines On-Target/Off-Tumor-Effekts, der bei der CAR-T-Zelltherapie aufgrund der Memory-T-Zellen ein großes Problem darstellt, erheblich zu reduzieren. Aufgrund ihrer kurzen Verweildauer im Blutkreislauf ist die Wahrscheinlichkeit, dass verbliebene CAR-NK-Zellen gesunde Zellen angreifen, auf die das CAR abzielt, als gering einzustufen.

Des Weiteren sezernieren aktivierte NK-Zellen eine Vielzahl von Zytokinen, die sich von denen der T-Zellen unterscheiden. Letztere neigen dazu, verschiedene entzündungsfördernde Faktoren freizusetzen, was bei klinischen CAR-T-Anwendungen zum Zytokin-Freisetzungssyndrom führt. Eine Akkumulation von Zytokinen im Blutkreislauf kann zu Organschäden und letztlich zum Tod führen. Aktivierte NK-Zellen setzen in der Regel lediglich Interferon-γ und Granulozyten-Makrophagen-koloniestimulierender Faktor frei, welche den Zytokinsturm nur wenig beeinflussen.

Stärkere Wirksamkeit bei der Bekämpfung von Krebszellen

NK-Zellen weisen von Natur aus eine breite Palette an Anti-Tumor-Rezeptoren auf. Es konnte nachgewiesen werden, dass diese Rezeptoren mit stressinduzierten Liganden assoziiert sind, welche häufig auf der Oberfläche von Krebszellen zu finden sind. Im Gegensatz zur CAR-T-Zelltherapie, bei der die Wirkung auf die CAR-Zielrezeptoren beschränkt ist, zeigt die CAR-NK-Zelltherapie eine deutlich verstärkte Wirkung durch die Bindung der Tumorliganden an die natürlichen Anti-Tumor-Rezeptoren. Dies macht sie besonders wirksam gegen bösartige Krebszellen mit großer Heterogenität.

Welche Grenzen hat die Entwicklung der CAR-NK-Zelltherapie?

Obwohl „Off-the-Shelf“ Potenzial und Kurzlebigkeit als Vorteil der CAR-MK-Zelltherapie anerkannt sind, stellen diese ebenfalls große Herausforderungen für die klinische Praxis dar:

Kryokonservierung führt zu schwächerer Anti-Tumor-Wirkung

Die Kryokonservierung stellt einen wichtigen Schritt bei der Herstellung eines „Off-the-Shelf”-Produkts dar, wobei intakte CAR-NK-Zellen bei sehr niedrigen Temperaturen konserviert werden. Allerdings reagieren NK-Zellen im Vergleich zu anderen Lymphozyten sehr empfindlich auf das Einfrieren und Auftauen, was sich negativ auf ihre Effizienz auswirken kann. Eine besondere Zusammensetzung des Gefriermediums, entdeckt von GC Cell (Südkorea), einem der Marktführer im Bereich der CAR-NK-Zelltherapie, könnte die Erhaltung der Lebensfähigkeit und Funktion von NK-Zellen verbessern. Die innovative Gefriertechnologie hat zu einer signifikanten Beschleunigung der Verfügbarkeit von CAR-NK-Zellen als therapeutisches „Off-the-Shelf”-Produkt geführt.

Kurze Lebensdauer beeinträchtigt die anhaltende therapeutische Wirkung gegen invasive Tumore

Aufgrund ihrer kurzen Lebensdauer wird die CAR-NK-Zellwirkung nach und nach erschöpfen. Die geringe Persistenz könnte zu einer unvollständigen Entfernung von Krebszellen führen, insbesondere bei invasiven Tumoren. Darüber hinaus produzieren NK-Zellen keine Gedächtniszellen, die dauerhaft im Blutkreislauf verbleiben können. Daher könnte es zu einer Rückbildung des Tumors kommen, wodurch die Behandlung unwirksam würde. Forscher haben verschiedene Strategien erprobt, um die in vivo Persistenz von CAR-NK-Zellen zu verbessern, darunter die mehrfache Dosierung von aus iPSC gewonnenen NK-Zellen, die Koexpression von Cell Survival Faktoren (sIL-15 oder mbIL-15) auf dem CAR-Konstrukt und die Veränderung der CAR-Backbone-Struktur, um eine Überaktivierung in vitro zu verhindern.

Wer sind die wichtigsten industriellen Akteure im Bereich CAR-NK-Zelltherapie?

Nkarta Therapeutics hat eine Serie-B-Investition in Höhe von 114 Mio. USD für den Aufbau von CAR-NK-Therapie-Forschungspipelines und einer Produktionsstätte erhalten; zwei der Pipelines befinden sich bereits in der klinischen Erprobungsphase. Kiadis Pharm hat ebenfalls mehrere Forschungsprogramme für CAR-NK-Therapien entwickelt, die sich auf die Behandlung von flüssigen und festen Tumoren konzentrieren, von denen sich eines bereits in der klinischen Phase II befindet.

Die CAR-NK-Zelltherapie weist das Potential auf, zukünftig einen Paradigmenwechsel in der Krebsbehandlung herbeizuführen. Die Bewältigung von aktuellen Herausforderungen der CAR-NK-Zelltherapie stellt den entscheidenden Faktor dar, um in Zukunft eine führende Rolle im Bereich der Immuntherapie einzunehmen. Wir bei Alcimed werden kontinuierlich nach Entwicklungen im Bereich der CAR-NK-Zelltherapie sowie nach innovativen Lösungen Ausschau halten, welche die klinische Anwendung vorantreiben können.


Über den Autor,

Xianjin, Consultant in Alcimeds Life Sciences Team in Singapur

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