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Was sind die neuesten Fortschritte in der Alternsforschung und der Arzneimittelentwicklung?

Veröffentlicht am 18 März 2025 Lesen 25 min

Die weltweite Alterung der Gesellschaft bringt die Zunahme einer Vielzahl chronischer, altersbedingter Erkrankungen mit sich – von Krebs und neurodegenerativen Erkrankungen bis hin zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes. Diese Krankheiten führen nicht nur zu Einschränkungen im fortgeschrittenen Alter, sondern zählen auch zu den Hauptursachen für Morbidität und Mortalität. Erst wenn wir Altern als den zentralen Risikofaktor für diese chronischen Krankheiten erkennen, wird die Notwendigkeit deutlich, Maßnahmen zu entwickeln, die den Alterungsprozess verlangsamen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass nichtübertragbare chronische Krankheiten einen erheblichen Anteil der weltweiten Todesfälle verursachen – was unterstreicht, wie wichtig Maßnahmen zur Eindämmung altersbedingter Krankheiten sind, um gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen zu begrenzen.

Die Alternsforschung hat sich als wertvoller Ausgangspunkt für die Arzneimittelentwicklung erwiesen. Die Hypothese, dass ein Medikament, das bei älteren Patienten wirkt, auch bei altersbedingten Erkrankungen wirksam sein sollte, hat sich zu einem Leitprinzip entwickelt. Die enge Verbindung zwischen dem Alterungsprozess und verschiedenen Krankheiten veranlasst Forschende dazu, gezielt nach Maßnahmen zu suchen, die grundlegende Alterungsmechanismen adressieren.

Die Alternsforschung und die Entwicklung neuer Medikamente stehen jedoch vor mehreren zentralen Herausforderungen. In diesem Artikel beleuchten wir von Alcimed drei der größten Herausforderungen und stellen die neuesten Fortschritte in der Alternsforschung und der Arzneimittelentwicklung vor.

Was sind die größten Herausforderungen in der Alternsforschung und der Arzneimittelentwicklung?

Herausforderung Nr. 1: den komplexen Alterungsprozess verstehen

Altern ist ein vielschichtiger Prozess, der durch eine Kombination aus Umweltfaktoren und endogenen Einflüssen gesteuert wird. Im Laufe des Lebens führen verschiedene äußere Einwirkungen dazu, dass die Fähigkeit des Körpers, zelluläre Schäden zu reparieren, abnimmt. Obwohl Wissenschaftler bereits Fortschritte bei der Identifizierung der grundlegenden Merkmale des Alterungsprozesses gemacht haben, müssen die komplexen molekularen, zellulären und physiologischen Veränderungen, die mit dem Altern einhergehen, noch genauer erforscht werden. Das Entschlüsseln dieser Prozesse ist entscheidend für die Entwicklung gezielter Maßnahmen, die den Alterungsprozess wirksam verlangsamen oder sogar umkehren können.

Herausforderung Nr. 2: geeignete klinische Studien für geriatrische Patienten entwickeln und durchführen

Die Entwicklung von Medikamenten für geriatrische Patienten stellt eine vielschichtige Herausforderung dar. Ältere Menschen leiden häufig unter mehreren Begleiterkrankungen, was es schwierig macht, eine einzelne Krankheit mit einem universellen Ansatz gezielt zu behandeln. Klinische Studien stehen zudem vor der Herausforderung, funktionelle Ergebnisse zu bewerten, die entscheidend sind, um den Einfluss von Maßnahmen auf das allgemeine Wohlbefinden älterer Menschen zu verstehen.

Darüber hinaus führt der Ausschluss gebrechlicher Personen aus klinischen Studien nicht nur dazu, dass die Ergebnisse weniger verallgemeinerbar sind, sondern vernachlässigt auch gerade jene Patientengruppe, die am dringendsten neue therapeutische Optionen zur Bewältigung altersbedingter Gesundheitsprobleme benötigt. Um diese Herausforderungen zu überwinden, sind inklusive und maßgeschneiderte klinische Studien erforderlich, die die tatsächliche Komplexität des Gesundheitszustandes geriatrischer Patienten widerspiegeln.

Herausforderung Nr. 3: die Anerkennung altersbedingter Erkrankungen durch Regulierungsbehörden fördern

Eine zentrale Hürde in der Alternsforschung und der Arzneimittelentwicklung liegt im regulatorischen Rahmen. Viele altersbedingte Erkrankungen werden von Regulierungsbehörden nicht offiziell anerkannt, was Unsicherheit darüber schafft, ob vorgeschlagene Indikationen akzeptiert werden. Die Kriterien zur Anerkennung einer Erkrankung, wie sie beispielsweise von der FDA festgelegt werden, bieten oft keine klare Orientierung für altersbedingte Gesundheitsprobleme.

Diese regulatorische Herausforderung erschwert den Zulassungsprozess für Medikamente, die auf geriatrische Krankheitsbilder abzielen. Um diese Lücke zu schließen, sind gezielte Bemühungen erforderlich, um klarere Richtlinien und Anerkennungskriterien einzuführen, die den besonderen Merkmalen altersbedingter Erkrankungen gerecht werden.

Trotz dieser Herausforderungen hat sich die Rolle der Alternsforschung in der Arzneimittelentwicklung in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt – angetrieben durch Fortschritte in der Erforschung von Alterungsprozessen, technologische Innovationen und neue Ansätze in der Arzneimittelforschung.


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4 Beispiele für die neuesten Fortschritte in der Alternsforschung und der Arzneimittelentwicklung

Beispiel Nr. 1: Geroscience und die gezielte Beeinflussung von Alterungsmechanismen

Jüngste Fortschritte in der Alternsforschung haben zwölf miteinander verknüpften Merkmale des Alterungsprozesses identifiziert. Dazu gehören genomische Instabilität, Telomerverkürzung, epigenetische Veränderungen, der Verlust der Proteostase, gestörte Makroautophagie, deregulierte Nährstoffsensoren, mitochondriale Dysfunktion, zelluläre Seneszenz, Stammzellerschöpfung, veränderte interzelluläre Kommunikation, chronische Entzündungen und Dysbiose.

Die Identifizierung dieser Merkmale erlaubt wertvolle Einblicke in die biologischen Mechanismen, die dem Alterungsprozess zugrunde liegen. Die Gerowissenschaft (Geroscience), ein interdisziplinäres Forschungsfeld, das die Beziehung zwischen Alterungsprozessen und chronischen Krankheiten untersucht, betrachtet das Altern selbst als therapeutisches Ziel. Indem sie die zentralen biologischen Mechanismen besser verstehen, streben Forschende die Entwicklung von Medikamenten an, die der Anhäufung altersbedingter Schäden entgegenwirken.

Beispiel Nr. 2: genetische Erkenntnisse und Langlebigkeit („Longevity“)

In genetischen Studien mit Loss-of-Function- und Gain-of-Function-Mutationen wurden Gene identifiziert, die eine entscheidende Rolle in Bezug auf die Lebensspanne spielen. Ein Beispiel ist das CDGSH iron-sulphur domain 2 (CISD2)-Gen, dessen Überexpression vielversprechende Effekte auf die Entwicklung altersbedingter Erkrankungen zeigt. Dies deutet darauf hin, dass eine arzneimittelgestützte Aktivierung von CISD2 im späten Lebensalter die Langlebigkeit fördern könnte. Diese Erkenntnisse liefern wertvolle Angriffspunkte für die Arzneimittelentwicklung, um gesundes Altern zu fördern.

Beispiel Nr. 3: „KI-Biomarker“ und Arzneimittelforschung

Die Integration moderner KI-Algorithmen in die Alternsforschung hat diesen Bereich revolutioniert. Künstliche Intelligenz ermöglicht die Entwicklung von Altersprädiktoren und Biomarkern und eröffnet neue Möglichkeiten zur Analyse dynamischer und statischer Datentypen. Solche KI-basierten Biomarker liefern eine ganzheitliche Sicht auf biologische Prozesse und helfen, zentrale Merkmale und potenzielle Wirkstoffziele zu identifizieren.

Die nahtlose Einbindung von KI in die Alternsforschung hat das Potenzial, die Glaubwürdigkeit und Bedeutung der Biotechnologie im Longevity-Bereich in der Gesundheits- und Pharmaindustrie erheblich zu stärken.

Beispiel Nr. 4: krankheits­spezifische Behandlungen

Bei den neuesten Entwicklungen von Anti-Aging-Behandlungen wird verstärkt auf gezielte Strategien für altersbedingte Erkrankungen gesetzt. So werden in verschiedenen Studien beispielsweise gemeinsame Mechanismen untersucht, die Typ-2-Diabetes und Alzheimer miteinander verbinden, und mögliche Behandlungen entwickelt, die beide Erkrankungen gleichzeitig adressieren könnten. Zudem arbeiten Forschende an pharmakologischen und nutrazeutischen Therapien – also an nährstoffreichen Produkten, die mit ihren gesundheitlichen Vorteilen über die reine Ernährung hinausgehen –, um die Krankheitsdauer zu verkürzen und ein längeres, gesundes Leben ohne chronische Erkrankungen zu ermöglichen.

Auch Privatunternehmen investieren massiv in die Alternsforschung und eröffnen zahlreiche Geschäftsmöglichkeiten. Die Weltbevölkerung altert rapide: Bis 2050 wird sich die Zahl der über 65-Jährigen voraussichtlich verdoppeln. Dieses Wachstum wird die Nachfrage nach Behandlungen erhöhen, die sowohl die Lebensqualität verbessern als auch die Gesundheitskosten senken. Risikokapitalgeber (z. B. Longevity Venture Partners), Biotechnologieunternehmen (z. B. BioAge Labs) und Tech-Giganten wie Google (über Calico) sowie Jeff Bezos (über Altos Labs) investieren bereits stark in diesen Bereich. Auch große Pharmaunternehmen beteiligen sich zunehmend, um ihr Angebot zu erweitern und altersbedingte Krankheitsmechanismen – etwa bei Alzheimer oder Diabetes – gezielt zu adressieren.

Trotz bestehender Herausforderungen sind Fortschritte in diesem Bereich möglich, wenn die vielschichtigen Aspekte des Alternungsprozesses berücksichtigt, klinische Studien inklusiver gestaltet und regulatorische Hürden überwunden werden. Die Zusammenarbeit zwischen Pharma-, Biotech- und Konsumgüterunternehmen – etwa im Rahmen von Initiativen wie der Aging Research and Drug Discovery (ARDD)-Konferenzreihe – zeigt, dass Alternsforschung immer mehr zur Priorität wird.

Die Verbindung aus bahnbrechender Forschung, technologischer Innovation und dem Bestreben zahlreicher Akteure, Alterungsprozesse besser zu verstehen und gezielt zu adressieren, bietet eine vielversprechende Perspektive für die Zukunft. Je mehr die Wissenschaft die Geheimnisse des Alterns entschlüsselt, desto mehr steigt das Potenzial für Behandlungen, die nicht nur die Lebensspanne verlängern, sondern auch die Lebensqualität erheblich verbessern können.

Wir von Alcimed begleiten Sie dabei, proaktiv Herausforderungen im Bereich Anti-Aging zu bewältigen und sich frühzeitig auf neue Trends einzustellen. Zögern Sie nicht, unser Team zu kontaktieren!


Über die Autorin, 

Mikka, Consultant in Alcimeds Life Sciences Team in Deutschland

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