Branchenübergreifend

Sechs Grundsätze für Investitionen der Luft- und Raumfahrt- sowie der Rohstoffindustrie in CDR-Technologien

Veröffentlicht am 07 Januar 2025 Lesen 25 min

In den letzten Jahren reagierten viele Technologieunternehmen (Google, Microsoft, Amazon, Shopify und andere) auf den gesellschaftlichen und regulatorischen Druck rund um das Thema Nachhaltigkeit, indem sie sich Netto-Null-Emissionsziele setzten. Viele dieser Unternehmen setzen auf Technologien zur Beseitigung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre (sogenannte Carbon-Dioxide-Removal- oder CDR-Technologien), um ihre Ziele zu erreichen, und haben CDR-Anbieter und Prüfdienstleister gefördert. Da eine vollständig dekarbonisierte Wirtschaft die Dekarbonisierung aller Sektoren und nicht nur der großen Technologieunternehmen erfordert, sind diese Plattformen auch eine Chance für andere Industrien, Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Dies ist insbesondere für Industrien interessant, die sehr schwierig direkt zu dekarbonisieren sind (wie beispielsweise die Luft- und Raumfahrt oder die Stahl- und Zementindustrie). Mit der zunehmenden Verbreitung von CDR ist es für potenzielle Investoren und Käufer von Emissionsgutschriften von entscheidender Bedeutung, dass sie über klare Kriterien verfügen, um CDR-Produzenten, Handelsplattformen und Verifizierungsmethoden zu bewerten. In diesem Artikel stellen wir von Alcimed sechs Grundsätze vor, die Käufern von CDR-Technologien als Orientierung dienen können.

Grundsatz Nr. 1: die Sektoren ermitteln, die für den Einsatz von CDR-Technologien am besten geeignet sind

CDR-Technologien können Emissionssenkungen nicht ersetzen, weshalb sie für schwer zu dekarbonisierende Sektoren am besten geeignet sind.

Emissionssenkungen sind für die Begrenzung des weltweiten Temperaturanstiegs unerlässlich. Die menschlichen Emissionen nehmen stark zu und CDR wird erst in einigen Jahrzehnten in großem Maßstab genutzt werden können. Es bleibt daher nicht viel Zeit, um die Temperaturveränderungen zu minimieren. Der 6. IPCC-Synthesebericht weist beispielsweise nachdrücklich darauf hin, dass die CO2-Emissionen bis 2030 um 48 % und bis 2050 um 99 % gesenkt werden müssten, um den Temperaturanstieg auf unter 1,5 ºC zu begrenzen.1AR6 Synthesis Report: Climate Change 2023 (ipcc.ch) Da die derzeitigen Projekte zur Kohlendioxidreduzierung eher in kleinem Maßstab durchgeführt werden, gehen Experten davon aus, dass selbst bei umfangreichen Investitionen Jahrzehnte erforderlich sind, um eine vollständige Umsetzung zu erreichen. Wie die genannten Zahlen zur Emissionsreduzierung zeigen, drängt die Zeit jedoch.

Einige Branchen, wie zum Beispiel die Luft- und Raumfahrt und die Rohstoffindustrie, sind allerdings schwieriger zu dekarbonisieren als andere. In der Luft- und Raumfahrtindustrie ist nachhaltiger Flugkraftstoff derzeit sehr teuer, während in der Stahlindustrie die für die Stahlproduktion erforderlichen hohen Temperaturen mit erneuerbaren Energien nur schwer zu erreichen sind. Da die Produkte dieser Branchen für das moderne Leben aber unverzichtbar sind, muss das Produktionsniveau aufrechterhalten werden. Daher sind diese Industriezweige besonders geeignet, CDR-Dienstleistungen zum Ausgleich der durch ihre Aktivitäten verursachten CO2-Emissionen zu nutzen.

Grundsatz Nr. 2: die tatsächlichen Ergebnisse durch Überwachungsmaßnahmen und Verifizierung überprüfen

Käufer sollten prüfen, wie einfach eine mögliche CDR-Technologie überwacht und verifiziert werden kann. Einige Technologien, zum Beispiel die direkte CO2-Abscheidung aus der Atmosphäre, sind technisch leichter zu überprüfen. In diesen Fällen wird der Kohlenstoff an einem Ort entnommen und in eine messbare, speicherbare Form umgewandelt, während alternative Technologien wie die Erhöhung der Ozean-Alkalität eine CO2-Abscheidung über große, diffuse Gebiete bewirken.  Die Verteilung der CO2-Abscheidung über ein großes Gebiet erschwert die Messung der CO2-Abscheidung. Wenn CDR-Anbieter nicht kontinuierliche Messungen durchgeführt haben, die belegen, dass ihre Technologien zuverlässig CO2 abscheiden, halten sie ihr Versprechen gegenüber den Käufern nicht ein und sind in Bezug auf die CO2-Bindung nicht vertrauenswürdig.

Für potenzielle Käufer ist es auch wichtig, den vollen Umfang der mit einem Kohlendioxid-Abscheidungsprojekt verbundenen Emissionen zu berücksichtigen. So kann es sein, dass energieintensive CDR-Technologien netto nicht sehr viel CO2 entfernen, wenn der Strom für die CDR-Anlage mit fossilen Brennstoffen erzeugt wird.

Grundsatz Nr. 3: die Durchführbarkeit eines Scale-up analysieren

Trotz der großen Investitionen, die in jüngster Zeit in CDR getätigt wurden, wird in den derzeitigen Anlagen und Pilotprojekten zur Kohlendioxidabscheidung nur ein winziger Teil des gesamten CO2 abgeschieden und gespeichert, das zur Erreichung der Klimaziele der Kunden erforderlich sein wird. Daher ist ein Schlüsselfaktor für den Erfolg von CDR die Skalierbarkeit von kleinen Pilotanlagen bis hin zu Großanlagen. Einige CDR-Technologien lassen sich leichter skalieren als andere. So konkurrieren beispielsweise Ansätze, die Ackerland benötigen, wie Bioenergie mit CO2-Abscheidung und -speicherung (Bioenergy with Carbon Capture & Storage oder BECCS), mit der Nutzung der benötigten Flächen für die Landwirtschaft oder die Holzproduktion. Dieser Landnutzungskonflikt setzt dem Potenzial von BECCS eine Obergrenze. Darüber hinaus werden Konzepte mit hohem Ressourcen- und Infrastrukturbedarf wie die direkte Abscheidung aus der Luft (Direct Air Capture oder DAC) vor größeren Herausforderungen stehen als andere Vorschläge, da die Einführung in großem Maßstab den Bau mehrerer hochtechnologischer DAC-Anlagen erfordert. Diese müssten auch mit erneuerbaren Energien betrieben werden, wenn die Nettoemissionen der DAC-Anlagen negativ sein sollen.


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Grundsatz Nr. 4: potenzielle Risiken vor der Einführung von CDR-Technologien abschätzen

Einige CDR-Technologien beruhen auf groß angelegten Eingriffen in das Ökosystem. Während einige ökosystemtechnische Ansätze wie die Wiederherstellung von Feuchtgebieten oder Seegras eindeutig als positiv angesehen werden, könnten andere Ansätze wie die Ozeandüngung unvorhergesehene Komplikationen mit sich bringen. Bei Vorschlägen zur Ozeandüngung würden großen Teilen des Ozeans Eisen, Phosphor oder Stickstoff zugeführt. Diese Zusätze würden eine Phytoplanktonblüte auslösen, die dann (wenn alles nach Plan läuft) in die Tiefsee sinkt und dort langfristig verbleibt. Dieser Ansatz könnte unbeabsichtigte Folgen für die Meeresökosysteme haben, z. B. einen Rückgang der Großfische und Raubtiere in den tropischen Meeren. Bevor eine solche Strategie verfolgt wird, sollte daher ein gut durchdachter, sorgfältig ausgearbeiteter Forschungsplan zur Bewertung dieser Risiken durchgeführt werden.

Wichtig ist anzumerken, dass der Betrieb aller CDR-Technologien in dem Umfang, der für eine deutliche Senkung der atmosphärischen Konzentrationen von CO2 erforderlich ist, Risiken unbeabsichtigter Folgen birgt. Daher sollten Investoren und Käufer die Hersteller daraufhin überprüfen, ob sie diesen Risiken vorgebeugt haben. Diese Prüfung ist besonders wichtig bei ökosystemtechnischen Ansätzen, wie dem oben beschriebenen Ansatz der Ozeandüngung.

Grundsatz Nr. 5: die Zusätzlichkeit zur Maximierung der Kohlenstoffreduzierung berücksichtigen

Die wirksamsten Projekte zur Beseitigung von Kohlendioxid zur Bekämpfung des Klimawandels sind diejenigen, die zusätzliches CO2 über das hinaus entfernen, was ohne Intervention entstanden wäre. Wenn beispielsweise eine Nichtregierungsorganisation (NRO) plant, einen Wald oder ein Feuchtgebiet wiederherzustellen, um den Lebensraum für eine gefährdete Art zu erweitern, würde das dadurch gebundene CO2 auch ohne eine CDR-Investition entfernt werden. Durch die Frage „Würde dieses Projekt auch ohne eine CDR-Investition stattfinden?“ ermöglicht das Prinzip der Zusätzlichkeit Investoren und Käufern, die Kohlenstoffreduktion ihrer Investition zu maximieren. Die Prüfung von Käufen nach diesem Prinzip ist wichtig, um den Vorwurf des Greenwashing durch die Presse oder die Öffentlichkeit zu vermeiden.

Grundsatz Nr. 6: CDR-Technologien bevorzugen, die eine langfristige CO2-Entfernung gewährleisten

Einige CDR-Optionen entfernen CO2 längerfristiger als andere. So wird beispielsweise bei Strategien zur Wiederherstellung von Ökosystemen wie die Wiederaufforstung Kohlenstoff in Pflanzen gespeichert. Da die meisten Pflanzen eine Lebenserwartung von Jahren bis Jahrzehnten haben, wird das im Pflanzengewebe gespeicherte CO2 nicht über lange Zeiträume aus der Atmosphäre entfernt. Andererseits bieten Technologien, die CO2 in geologisch stabiles Karbonat umwandeln, eine viel längerfristige Entfernung des CO2 aus der Atmosphäre.

Die Verringerung von Emissionen ist zwar der offensichtlichste Weg zur Bekämpfung des Klimawandels, aber einige Sektoren wie die Luft- und Raumfahrt und die Rohstoffindustrie sind grundsätzlich schwer zu dekarbonisieren. Die CDR-Branche bietet Unternehmen in diesen wichtigen Sektoren die Möglichkeit, ihre Klimaziele zu erreichen. Die in diesem Artikel erörterten sechs Grundsätze bieten einen Rahmen für mögliche Investoren und Käufer in schwer zu dekarbonisierenden Sektoren, um CDR-Anbieter und Prüfdienstleister zu bewerten.

Wenn Sie Investitionen in CDR in Erwägung ziehen, um Ihre Klimaziele zu erreichen, kann Alcimed Sie bei Ihren CDR-Evaluierungsprojekten begleiten – von  der Identifizierung neuartiger CDR-Strategien bis hin zur Analyse des Nutzens von Produkten aktueller Anbieter und darüber hinaus. Zögern Sie nicht, unser Team zu kontaktieren!


Über den Autor, 

John, Consultant in Alcimeds Healthcare Team in den USA

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