Interventionelle Onkologie, eine junge Disziplin mit vielfältigen Anwendungen
Die interventionelle Onkologie, eine junge, medizinische Disziplin, die vor etwa fünfzehn Jahren entstand, umfasst alle Verfahren der interventionellen Radiologie in der Onkologie. Die interventionelle Radiologie (IR) stellt eine minimalinvasive Methode zur Diagnose oder Therapie dar, welche Bildgebung (z.B., Ultraschall, Radiographie, Fluoroskopie, CT, MRT) verwendet und hauptsächlich von Radiologen durchgeführt wird. Der Zugang zu Strukturen im Körper, wie Tumoren oder Blutgerinnseln, wird durch die interventionelle Onkologie über den direkten perkutanen Weg mit Nadeln, durch eine natürliche Körperöffnung oder durch das Gefäßsystem nach Einführen eines Katheters erleichtert. Dabei wird stets darauf geachtet, einen kurzen und sicheren Weg zu wählen. In Frankreich wird die interventionelle Radiologie (IR) etwa 550.000-mal pro Jahr durchgeführt.
Während die interventionelle Radiologie in bestimmten Fachgebieten wie z.B., bei vaskulären Pathologien, bereits fest etabliert ist, befindet sich die interventionelle Onkologie noch in den Anfängen und wird derzeit hauptsächlich in diagnostischen Verfahren entwickelt. In der Ära der Präzisionsmedizin stellt die interventionelle Radiologie einen wesentlichen Faktor bei der Umsetzung und Weiterentwicklung therapeutischer Protokolle dar. Mithilfe bildgeführter Verfahren können Biopsien sowohl an oberflächlichen als auch an inneren Tumoren mit hoher Präzision durchgeführt werden.
Obwohl derzeit lediglich ein Drittel der Verfahren der interventionellen Onkologie auf therapeutischen Verfahren basiert, ist ein Anstieg dieser Verfahren zu verzeichnen, wodurch zunehmend wirksame Lösungen angeboten werden. Sie können als komplementäre oder alternative Therapie zu konventionellen Behandlungsmethoden zum Einsatz kommen. Die Möglichkeiten sind vielfältig: Perkutane Zerstörung des Tumors durch Hitze (Radiofrequenz, Mikrowelle) oder Kälte (Kryotherapie) mittels Einführen von Nadeln durch die Haut, Injektion von Chemotherapie (Chemoembolisation) oder radioaktiver Behandlung (Radioembolisation) direkt in den Tumor über einen Katheter. Diese Verfahren finden in der Regel Anwendung, wenn eine Operation kontraindiziert ist, zunehmend jedoch auch als Erstlinientherapie, insbesondere bei kleinen und lokalisierten Tumoren. Diesbezüglich sei auf die europäischen Leitlinien zur Behandlung des hepatozellulären Karzinoms, einer speziellen Art von Leberkrebs, verwiesen, in welchen Ablation und Chemoembolisation als Erstlinientherapien aufgeführt sind. Dies kann als ein wesentliches Indiz für die Anerkennung der Disziplin gewertet werden.
Eine „Win-Win“-Lösung für den Patienten und das Gesundheitssystem
Die interventionelle Onkologie zeichnet sich durch ihre minimalinvasive und zielgerichtete Natur aus, wodurch sie für den Patienten eine Reihe von Vorteilen gegenüber der traditionellen Chirurgie bietet. Die zum Einsatz kommenden Verfahren erlauben in vielen Fällen eine Operation unter lokaler Anästhesie, sodass die Dauer des Krankenhausaufenthalts in der Regel kurz ist. Dies bietet den Patientinnen und Patienten mehr Komfort und Sicherheit. Die gezielte Natur der Eingriffe begrenzt die Toxizität für gesundes Gewebe, was zu einer Reduktion von Nebenwirkungen führt. In der Konsequenz werden diese minimalinvasiven Verfahren von den Patientinnen und Patienten oft gut vertragen, sodass sich die Erholungszeit verkürzt.
Der Einsatz der interventionellen Onkologie zur Patientenversorgung resultiert in einer Reduktion der Gesundheitskosten im Vergleich zu konventionellen therapeutischen Techniken. So lassen sich beispielsweise die Kosten für die Behandlung von Lungenmetastasen mit Radiofrequenz unter radiologischer Anleitung auf die Hälfte einer konventionellen Operation reduzieren. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Dauer des Eingriffs sowie die Erholungszeit kürzer ausfallen und die Versorgung in vielen Fällen ambulant durchgeführt werden kann.
Eine Disziplin mit vielversprechender Zukunft
Eine prospektive Studie von Unicancer für das Jahr 2025 prognostiziert, dass die interventionelle Radiologie (IR) eine der maßgeblichsten Entwicklungen im Kontext des Krebsmanagements darstellen wird. Gleichermaßen werden die Entwicklung zielgerichteter Therapien, Immuntherapien und oraler Therapien als signifikante Fortschritte erwartet. Institutionen des Gesundheitswesens wie das Institut Gustave Roussy etablieren High-Tech-Plattformen, die spezifisch für Verfahren der interventionellen Onkologie konzipiert sind, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden.
Die kontinuierliche Weiterentwicklung von bildgebenden Verfahren sowie interventionellen Werkzeugen führt zu einer stetigen Verbesserung der Präzision und Technik der interventionellen Onkologie. Zudem erweitern sich die Indikationen für deren Einsatz. Das Spektrum therapeutischer Maßnahmen der interventionellen Onkologie hat sich in den vergangenen Jahren durch neue Verfahren, die sich derzeit in der Evaluationsphase befinden, wie beispielsweise die Elektrochemotherapie oder der hochintensive fokussierte Ultraschall, erheblich erweitert. Der Einsatz in Kombination mit Immuntherapien wird derzeit untersucht, was eine vielversprechende Gelegenheit für das Fachgebiet darstellen könnte.
Die Durchführung erfährt ebenfalls eine Veränderung durch die Entwicklung von Führungssystemen sowie das Aufkommen multimodaler Räume, welche die Fusion von Bildern verschiedener bildgebender Geräte ermöglichen. Schließlich ist davon auszugehen, dass die interventionelle Onkologie in den kommenden Jahren zunehmend auf robotische Werkzeuge zurückgreifen wird, darunter autonome Katheter, künstliche Intelligenz und Augmented Reality. Diese Technologien finden bereits in anderen Bereichen Anwendung und tragen dort zur Steigerung der Genauigkeit anderer Eingriffe bei.
Ausbremsung durch finanzielle und Zugangshindernisse
Obwohl die interventionelle Onkologie sowohl für Patienten als auch für die Gesundheitssysteme klare Vorteile bietet, bleibt ihre tatsächliche Nutzung aufgrund mangelnder Anerkennung und Finanzierung begrenzt. Die interventionelle Onkologie ist bislang noch nicht hinreichend sichtbar und es ist zu vermerken, dass eine vollständige Integration in das Krebsversorgungssystem noch nicht erreicht ist. Eine wesentliche Herausforderung besteht in der Anpassung der national definierten Klassifikation medizinischer Eingriffe (Classification Commune des Actes Médicaux), um bestimmte Maßnahmen besser zu fördern und andere, die noch nicht aufgeführt sind, einzuschließen. Dies bedingt die Durchführung solider, randomisierter Studien, um die medico-ökonomischen Vorteile zu belegen. Die Umsetzung solcher Studien erweist sich jedoch als herausfordernd, da es eine Vielzahl an Verfahren gibt und die Patientenzahlen gering sind. Des Weiteren ist eine Anpassung der Erstattung dieser Verfahren erforderlich, da hochentwickelte und teure Geräte zum Einsatz kommen. Derzeit liegen die Kosten häufig deutlich über den durch das System der Diagnosebezogenen Fallgruppen (DRG) gedeckten Aufwendungen, da die Vergütungen pro Eingriff zu niedrig angesetzt sind und keine separate Erstattung für teure medizinische Geräte erfolgt. Obwohl die Liste der erstattungsfähigen Leistungen und Produkte jüngst über implantierbare medizinische Geräte hinaus erweitert wurde, werden bestimmte medizinische Geräte, die in der IR verwendet werden, noch nicht erstattet. Die Beseitigung finanzieller Barrieren stellt folglich eine wesentliche Priorität dar, um die Einführung der interventionellen Onkologie zu ermöglichen.
Ein zusätzliches Hindernis stellt die Zugänglichkeit zu Techniken der interventionellen Onkologie dar. Diese erfordern spezialisierte Operationsräume sowie geschultes Personal, was die Umsetzung in der Praxis erschwert. Derzeit ist dieses Angebot in Frankreich noch sehr begrenzt. Krankenhäuser, die sowohl die kostspielige Ausrüstung als auch die erforderlichen chirurgischen Umgebungen bereitstellen, sind häufig in regionalen Metropolregionen konzentriert. Folglich stellt die Gewährleistung des Zugangs aller Krebspatienten zu den von der IR angebotenen therapeutischen Lösungen eine signifikante Herausforderung dar.
„Die interventionelle Onkologie stellt eine Innovation für den Patienten dar, deren Vorteile jedoch noch nicht hinreichend anerkannt sind. Es ist von entscheidender Bedeutung, die interventionelle Radiologie als Säule der Krebsbehandlung zu betrachten, den interventionellen Radiologen in die Definition des Patientenpfades zu integrieren und ihre Entwicklung durch eine Evolution der Erstattung zu unterstützen.“ dies schließt Delphine Bertrem, Leiterin der Abteilung Healthcare von Alcimed in Paris, in ihrem Fazit mit ein.
Es bleibt zu beobachten, ob der onkologischen Gesundheitsplans 2014-2019, der eine Optimierung des regulatorischen und preispolitischen Systems der interventionellen Radiologie sowie eine Weiterentwicklung des damit verbundenen Rahmens anstrebt, die intendierten Ziele erreichen wird.