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6 Vorteile von Nanobodies gegenüber herkömmlichen Antikörpern

Veröffentlicht am 07 Januar 2025 Lesen 25 min

Die Entdeckung von Nanobodies hat neue Möglichkeiten für die Krankheitsdiagnose und -behandlung eröffnet. Ihre geringe Größe, hohe Stabilität und starke Antigenbindungsaffinität sind dabei von besonderem Vorteil. Durch diese spezifischen Charakteristika haben Nanobodies gegenüber konventionellen Antikörpern besondere Vorteile, wobei potenzielle Anwendungen von der gezielten Medikamentenabgabe bis zu nicht-invasiven diagnostischen Bildgebungen reichen. Somit eröffnen sich vielversprechende Perspektiven für medizinische Fortschritte. Die Entwicklung effektiverer und präziserer therapeutischer Strategien wird durch Nanobodies maßgeblich vorangebracht. Im Folgenden werden die Vorteile von Nanobodies im Vergleich zu herkömmlichen Antikörpern sowie deren therapeutische Anwendungsmöglichkeiten in der menschlichen und tierischen Gesundheit erörtert.

Was sind Nanobodies?

Nanobodies, auch als Einzeldomänenantikörper bezeichnet, stellen eine wegweisende Entdeckung im Bereich der Immunologie dar und stammen von den Schwere-Ketten-Antikörpern von Kameliden ab. Im Jahr 1989 entdeckte Professor Raymond Hamers-Casterman von der Vrije Universiteit Brussel (VUB) Schwere-Ketten-Antikörpern ausschließlich bei Tieren der Familie Camelidae. Diese Antikörper besitzen lediglich zwei schwere Ketten und es fehlen sowohl die leichten Ketten als auch die CH1-Domänen (erste konstante Ig-Domäne der schweren Kette). In der Folge entwickelten die VUB-Forscher diese Antikörper zu einer Technologie mit der Bezeichnung „Nanobody“ weiter.

Was sind die Vorteile von Nanobodies gegenüber konventionellen Antikörpern?

Vorteil Nr. 1: reduziertes Molekulargewicht

Das Fehlen von leichten Ketten und CH1-Domänen resultiert in einem Molekulargewicht von lediglich 15 kDa, im Vergleich zu 150 kDa bei herkömmlichen Antikörpern wie monoklonalen Antikörpern (mAb) oder mAb-Fragmenten. Die spezifische Struktur der Nanobodies eröffnet diverse Vorteile gegenüber herkömmlichen mAbs.

Vorteil Nr. 2: hohe Antigenbindungsaffinität

Nanobodies verfügen über Paratope, die eine Bindung an die konkaven Bereiche von Antigenen ermöglichen. Dies eröffnet die Möglichkeit der Bindung an Regionen, die für größere, herkömmliche monoklonale Antikörper (mAbs) normalerweise unerreichbar sind. Ihre geringe Größe beeinträchtigt die Affinität bezüglich der Bindung nicht und ist mit der Antigenbindungsaffinität von mAbs vergleichbar.

Vorteil Nr. 3: Gewebedurchdringung

Die kompakte Größe der Nanobodies verbessert ihre Fähigkeit zur Gewebedurchdringung, wodurch die Entwicklung von Nanobody-Wirkstoffen für Tumore ermöglicht wird. Damit kann die Herausforderung überwunden werden, die herkömmliche Antikörper-Wirkstoffe nicht bewältigen können.

Vorteil Nr. 4: Überwindung der Blut-Hirn-Schranke

Die Ergebnisse der Untersuchungen an Nanobodies lassen den Schluss zu, dass diese die Blut-Hirn-Schranke auf natürliche, künstliche und sogar unter beeinträchtigten Bedingungen (z.B., aufgrund neurologischer Störungen) überwinden können.

Vorteil Nr. 5: robuste Stabilität

Neben den Vorteilen ihrer kleineren Größe weisen Nanobodies zudem eine Vielzahl von vorteilhaften biochemischen Eigenschaften auf. Beispielsweise haben Nanobodies eine bemerkenswerte Stabilität bei hohen Temperaturen über längere Zeiträume und sind in hohem Maße resistent gegenüber einem breiten pH-Bereich.

Vorteil Nr. 6: einfachere Herstellung

Nanobodies lassen sich einfacher modifizieren, produzieren und reinigen als mAbs, für deren Herstellung komplexe Expressionssysteme und aufwendige Reinigungsschritte erforderlich sind.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Nanobodies das Potenzial aufweisen, mehrere der Einschränkungen herkömmlicher monoklonaler Antikörper zu überwinden. Seit etlichen Jahren sind Nanobodies Gegenstand intensiver Forschung in einer Vielzahl von Disziplinen, insbesondere im Bereich der Diagnose und Therapie von Erkrankungen.

Therapeutische Anwendung von Nanobodies in Mensch und Tier

Anwendungen in der Humanmedizin

Drei Jahrzehnte nach der Entdeckung von Nanobodies wurde das große Interesse im Jahr 2018 in das weltweit erste auf Nanobodies basierende Medikament, Caplacizumab, umgesetzt. In der Folge wurden weitere ähnliche Zulassungen erteilt.

Das von Ablynx NV, nun Teil von Sanofi, entwickelte Caplacizumab findet Anwendung in der Behandlung von Erwachsenen, die eine Episode einer erworbenen thrombotisch-thrombozytopenischen Purpura (aTTP) erleben, in Verbindung mit Plasmapherese und Immunsuppression.

Neben Sanofi, einem langjährigen Akteur im Bereich der Nanobodies, gibt es einige Unternehmen, die sich der Entwicklung von auf Nanobodies basierenden Therapeutika widmen. Ein Teil dieser Unternehmen hat es geschafft, neue Medikamente auf den Markt zu bringen. Als Beispiel sei hier das Medikament Envafolimab genannt, welches von Alphamab Oncology (China) entwickelt wurde und in China zur Behandlung von soliden Tumoren und chronischer Hepatitis B sowie in den USA für Weichteilsarkome und Gallenwegskrebs zugelassen ist. Ein weiteres auf Nanobodies basierendes Medikament, Ozoralizumab, entwickelt unter Lizenz von Ablynx durch Taisho Pharmaceuticals (Japan), wurde im Jahr 2022 ebenfalls zur Behandlung von rheumatoider Arthritis in Japan zugelassen.

Anwendungen in der Veterinärmedizin

Obwohl zahlreiche Entwicklungen in den aktuellen Pipelines noch in den frühen Phasen sind, manifestiert sich ein anhaltendes Interesse am therapeutischen Potenzial von Nanobodies. Die Frage, ob Nanobodies ein Potenzial zur Behandlung von Tierkrankheiten besitzen, ist Gegenstand aktueller Forschung. Bislang haben nur wenige Initiativen in der Tiergesundheitsbranche demonstriert, dass eine Anwendung von Nanobodies in der Tiergesundheit möglich ist. Ein Beispiel für ein Unternehmen, das Nanobody-basierte Medikamente für Hunde mit Osteoarthritis entwickelt, ist Orthros Medical, ein niederländisches Start-up. Das von der VUB ausgegliederte Unternehmen Animab plant die Entwicklung einer neuen Klasse von monoklonalen Antikörpern, die auf einer proprietären Plattform basieren und auf Nanobodies für die Behandlung der weit verbreiteten Post-Weaning-Diarrhoe bei Ferkeln ausgerichtet sind.

Abschließend lässt sich festhalten, dass das Forschungsfeld der Nanobodies seit ihrer Entdeckung vor über drei Jahrzehnten ein beachtliches Entwicklungspotenzial aufweist. Das Wachstum dieses Forschungsbereichs wird nicht nur durch die herausragenden Eigenschaften und Vorteile gegenüber herkömmlichen Antikörpern vorangetrieben, sondern auch durch die therapeutischen Zulassungen für auf Nanobodies basierende Behandlungen in den vergangenen Jahren. Das Spektrum potenzieller Anwendungsbereiche von Nanobody-Therapeutika ist jedoch noch nicht vollständig erschlossen, sodass weiterhin umfangreiche Forschungs- und Entwicklungsarbeiten erforderlich sind. Möchten Sie sich mit dem Potenzial von Nanobodies in der menschlichen und tierischen Gesundheit vertraut machen? Unsere Teams können Sie bei der Realisierung Ihrer Projekte unterstützen. Für weiterführende Informationen und bei Rückfragen stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung.


Über die Autorin, 

Chaoyue, Consultant in Alcimeds Healthcare Team in Frankreich

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