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4 Versprechen der Phagentherapie

Veröffentlicht am 03 Januar 2025 Lesen 25 min

Eine erstaunliche Tatsache, die bisher wenig Beachtung gefunden hat, ist, dass Viren bei der Bekämpfung bakterieller Infektionen eine durchaus nützliche Rolle spielen können. Bakteriophagen, auch als Phagen bezeichnet, stellen eine Gruppe natürlicher Viren dar, welche die Fähigkeit zur gezielten Infektion und Vermehrung in Bakterien aufweisen. Im Anschluss an die Infektion wird der irreversible Zelltod der Erreger ausgelöst. Die bakterizide Wirkung dieser Viren weckte bereits in den 1920er Jahren das Interesse der Forschung. In der Folge wurde eine neue Art der Therapie entwickelt, bei der spezifische Phagen zur Behandlung bakterieller Infektionen hergestellt wurden. Diese Therapieform wird als Phagentherapie bezeichnet.

Obwohl die Phagentherapie in den 1940er Jahren durch das Aufkommen der Antibiotika in den Hintergrund gedrängt wurde, hat das Interesse in jüngster Zeit wieder zugenommen, insbesondere aufgrund der Verbreitung von antibiotikaresistenten Bakterien. Im Folgenden werfen wir einen Blick auf vier Versprechen, welche Gründe für das Wiederaufleben dieser Therapie waren.

Versprechen Nr. 1: eine gezielte Behandlung für hartnäckige bakterielle Infektionen

Die Phagentherapie basiert auf der Verwendung von Viren, welche gezielt und ausschließlich Bakterien angreifen und abtöten, um bakterielle Infektionen zu behandeln. Die Spezifität und Selektivität von Phagen erlaubt es ihnen, Bakterien mit hoher Präzision zu bekämpfen, ohne den menschlichen Körper zu schädigen.

Ein besonderes Potenzial der Phagentherapie besteht in ihrer Fähigkeit zur Behandlung hartnäckiger bakterieller Infektionen, beispielsweise bei Vorliegen von Biofilmen. Biofilme stellen strukturierte Ansammlungen von Bakterienzellen dar, welche von einer Polymermatrix umhüllt sind. Diese Matrix bietet den Bakterien Schutz und ermöglicht ihnen das Überleben unter feindlichen Umweltbedingungen. In solchen Fällen zeigen die Bakterien eine höhere Resistenz gegenüber der Immunreaktion des Wirts sowie gegenüber Antibiotika, was zu einer persistierenden Infektion führt. In diesem Zusammenhang könnten Bakteriophagen eine Lösung bieten, da sie in der Lage sind, bestimmte Enzyme zu produzieren, welche die Polysaccharide in der Biofilm-Matrix abbauen und so deren Auflösung bewirken. Die Spezifität der Bakteriophagen bedingt jedoch, dass zur Bekämpfung von Biofilmen, welche von Bakterienkonsortien mit mehreren Spezies gebildet werden, verschiedene Bakteriophagen benötigt werden.

Versprechen Nr. 2: eine Antwort auf die Antibiotikaresistenz

Eine Exposition gegenüber Antibiotika führt bei Bakterien zur Entwicklung von Abwehrmechanismen, welche die Bakterien in die Lage versetzen, der Wirkung von Antibiotika zu entgehen. Die Übertragung einer Resistenz von einer Bakterienart auf eine andere kann zur Ausbreitung des Phänomens beitragen und die Wirksamkeit von Antibiotika einschränken.  Multiresistente Infektionskrankheiten stellen ein gravierendes, global auftretendes Problem dar, welches sowohl die öffentliche Gesundheit als auch die Kosten für die Gesundheitssysteme beeinträchtigt. In Frankreich beliefen sich die, durch Antibiotikaresistenz, verursachten Kosten, gemäß Angaben der Assurance Maladie, der französischen Sozialversicherungsanstalt, auf 110 Millionen Euro. Die Phagentherapie könnte sich als effektive Behandlungsmethode für multiresistente Infektionen erweisen, da sie auf anderen Wirkmechanismen basiert als herkömmliche Antibiotika.


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Versprechen Nr. 3: eine erschwingliche und zugängliche Behandlung

Die Phagentherapie stellt aus mehreren Gründen eine kostengünstige Behandlungsmöglichkeit für bakterielle Infektionen dar:

  • Phagen sind natürliche, in allen bakteriellen Lebensräumen vorkommende Viren, darunter Boden, Pflanzen, Tiere, Seen und Ozeane.
  • Die Kosten für die Produktion von Phagen sind gering, da der Herstellungsprozess im Wesentlichen die Kultivierung des bakteriellen Erregers, den Kontakt der Phagen mit dem Erreger, die Ernte der Phagen, deren Reinigung sowie die Verabreichung an den Patienten umfasst. Dieses Verfahren erweist sich als wesentlich kostengünstiger als die konventionelle Produktion von Antibiotika.
  • Die Rentabilität der Investition ist höher als bei der Verwendung konventioneller Antibiotika. Die Entwicklung eines Antibiotikums ist ein langwieriger Prozess, der üblicherweise mindestens zehn Jahre Forschung und Entwicklung sowie Investitionen in Millionenhöhe erfordert. Aufgrund der Entwicklung von Resistenzen gegen das betreffende Antibiotikum ist dessen tatsächliche Wirksamkeit jedoch nur für einen Zeitraum von wenigen Jahren gewährleistet. Im Falle von Phagen kann die Zeitspanne, in der die Behandlung auf dem Markt verfügbar ist, deutlich länger sein, da es keine Resistenzen gibt. Dies führt zu einer Verbesserung der Rentabilität der Investition.
  • Des Weiteren besteht das Potential, die Behandlungskosten zu reduzieren, da Phagen ein exponentielles Wachstum und eine hohe Vermehrungsrate aufweisen. In der Konsequenz erlaubt, die mit diesen Therapeutika erreichte in-situ Dichte, die Verabreichung niedrigerer Anfangsdosen von Phagen.

Versprechen Nr. 4: Potenzial über bakterielle Infektionen hinaus

Es besteht die Möglichkeit, die Phagentherapie auch für andere therapeutische Zwecke einzusetzen. Die Phagentherapie erweist sich zunehmend als vielversprechende Behandlungsoption für eine Reihe von Erkrankungen, die durch andere Methoden nur unzureichend oder gar nicht therapierbar sind. Diesbezüglich liefern aktuelle Forschungsergebnisse vielversprechende Ergebnisse, die darauf hindeuten, dass die Phagentherapie nicht nur zur Behandlung herkömmlicher bakterieller Infektionen, sondern auch für eine Vielzahl anderer Erkrankungen eingesetzt werden könnte. Eine Studie der University of California – San Diego legt nahe, dass die Phagentherapie zur Behandlung chronischer Lebererkrankungen, die mit Alkoholkonsum assoziiert sind, eingesetzt werden könnte. Bei diesen Erkrankungen korreliert die Konzentration eines bestimmten Bakteriums, Enterococcus faecalis, mit der Schwere der Erkrankung und der Sterblichkeit von Patienten, die an alkoholischer Hepatitis leiden. Bakteriophagen könnten zur Bekämpfung eben dieses Bakteriums eingesetzt werden.

Unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen und der Ausbreitung multiresistenter Bakterien erweist sich die Phagentherapie als vielversprechende Behandlungsmethode. Dennoch stehen ihr noch erhebliche Herausforderungen bevor, insbesondere im Hinblick auf die Regulierung. Der Nachweis der Wirksamkeit und Sicherheit dieser Behandlungen in kontrollierten klinischen Studien erweist sich angesichts der Vielzahl bekannter bakterieller Infektionen als anspruchsvoll. Dies impliziert, dass die Spezifika dieser Therapien die Erbringung allgemeingültiger Belege erschweren, was eine Anwendung vorerst auf experimentelle Zwecke beschränkt. Wir bei Alcimed bieten Ihnen Unterstützung bei der Realisierung von Phagentherapie-Projekten. Für weitere Informationen und bei etwaigen Rückfragen steht Ihnen unser Team jederzeit zur Verfügung.


Über die Autorin,

Marie, Direktorin der Innovation and Public Policy Business Unit von Alcimed in Frankreich

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