Hormonelle Verhütungsmethoden für Männer
Die Forschung auf dem Gebiet der hormonellen Verhütungsmethoden für Männer, welche die Spermienproduktion reduzieren sollen, schreitet voran. Die Herausforderungen in diesem Bereich liegen bislang in der Bestimmung der richtigen chemischen Kombinationen mit Testosteron, die zu einer wirksamen und temporären Schwangerschaftsverhütung führen. Drei hormonelle Verhütungsmethoden, ein topisches Gel und zwei Pillen, die sich derzeit in der Entwicklung befinden, könnten für die männliche Empfängnisverhütung sehr vielversprechend sein.
Topisches Gel mit Nestoron und Testosteron zur Blockierung der Spermatogenese
Derzeit wird in einer groß angelegten, internationalen Phase-IIb-Studie von Health Decisions, einem Biotech-CRO, in Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen die Wirksamkeit eines topischen Gels mit Nestoron und Testosteron (NES/T) untersucht, das auf die Schultern aufgetragen werden soll. Nestoron ist ein starkes Gestagen, das seit 2018 in ANOVERA-Vaginalringen mit einer Wirksamkeit von über 97 % verwendet wird. Nun wird NES mit Testosteron in einem transdermalen Gel als männliches Kontrazeptivum kombiniert. Die abgeschlossene Phase-I-Studie hat bereits eine erfolgreiche Unterdrückung der Spermatogenese bei fast 90 % der Teilnehmer gezeigt, was darauf hindeutet, dass NES/T eine vielversprechende Form der Empfängnisverhütung bei Männern ist. Bisher sind die wichtigsten unerwünschten Nebenwirkungen ähnlich wie bei der am häufigsten verwendeten kombinierten Östrogen-Gestagen-Pille für Frauen, einschließlich Stimmungsschwankungen, Akne und vorübergehende Magen-Darm-Symptome. Eine während der Studie durchgeführte Umfrage ergab, dass die Mehrheit der Teilnehmer mit der Behandlung zufrieden war und die Hälfte von ihnen angab, das Gel täglich als einzige Empfängnisverhütung verwenden zu wollen.
Aus Testosteron gewonnene orale Pillen zur Blockierung der Spermatogenese
Health Decisions arbeitet auch mit mehreren anderen Forschungsinstituten zusammen, um eine zweite hormonelle Methode auf der Grundlage von Dimethandrolonundecanoat (DMAU) zu untersuchen, und prüft derzeit in Phase-II-Studien die Sicherheit und Wirksamkeit einer oralen Pille. DMAU ist ein aus Testosteron gewonnener Wirkstoff, der in präklinischen Studien eine wirksame und reversible Unterdrückung der Spermatogenese ohne schwere Nebenwirkungen gezeigt hat. Derzeit läuft eine weitere Phase-II-Studie für DMAU, in der die Sicherheit und Verträglichkeit in Form einer intramuskulären und subkutanen Injektion untersucht wird. Die derzeitige Herausforderung bei diesem Verhütungsmittel besteht darin, die perfekte Dosierung und Darreichungsform zu finden, da es in hohem Maße von der Leber verstoffwechselt wird. Nichtsdestotrotz – und das ist sehr wichtig zu erwähnen – haben die Studien gezeigt, dass es keine Anzeichen von Lebertoxizität im Zusammenhang mit diesem Medikament gibt.
Das dritte Medikament, das sich derzeit in der klinischen Erprobung befindet, ist 11β-Methyl-19-Nortestosteron-Dodecylcarbonat (11β-MNTDC), ein weiteres Testosteron-Derivat, das eine Phase-II-Studie mit einem Forschungsteam durchlaufen hat, welches ebenfalls mit Health Decisions zusammenarbeitet. Auch wenn weitere Wirksamkeitsstudien noch ausstehen, hat sich dieses Medikament als gut verträglich erwiesen. Es hat keine schwerwiegenden Nebenwirkungen über die mit den derzeit auf dem Markt befindlichen östrogenhaltigen Verhütungsmitteln für Frauen verbundenen Nebenwirkungen hinaus vorgerufen.
Die Entwicklung hormoneller Verhütungsmethoden für Männer ist noch nicht abgeschlossen und die klinischen Studien befinden sich noch in der Anfangsphase der Planung und Datenerfassung. Es kann noch mehrere Jahre dauern, bis die vielversprechenden Therapien auf den Markt kommen.
Hormonfreie Verhütungsmethoden für Männer
Die Erforschung der hormonfreien männlichen Empfängnisverhütung reicht bis in die 1930er Jahre in Indien zurück. Damals gab es Experimente mit heißen Bädern, die erst in den 1980er und -90er Jahren wieder große Beachtung fanden. Die Blockade der Spermatogenese durch eine Temperaturerhöhung der Hoden um 2 bis 5 °C, wodurch sie sich bis zum Eingang des Leistenkanals bewegen, wurde mit Thermounterhosen und -ringen als Verhütungsmethode untersucht. Obwohl Studien die Wirksamkeit dieser Methode bewiesen haben, scheint es an Wissen darüber und Interesse daran zu mangeln. Dieser Umstand ist vielleicht darauf zurückzuführen, dass das Wärmegerät mindestens 15 Stunden lang getragen werden muss, um wirksame Ergebnisse zu erzielen. Obwohl Unternehmen wie Thoreme solche Geräte anbieten, ist diese Methode bisher noch nicht von den Gesundheitsbehörden geprüft worden.
Dennoch gab es in den letzten Jahren Fortschritte bei hormonfreien Ansätzen zur männlichen Empfängnisverhütung, die entweder bereits in der Erprobung sind oder kurz vor dem Beginn von Studien am Menschen stehen. Hormonfreie Verhütungsmethoden für den Mann sind ein vielversprechender Bereich, da er eine Alternative zur Verwendung von Hormonen und ihren potenziellen Nebenwirkungen wie Akne, Stimmungsschwankungen und Beeinträchtigung der Libido darstellt und eine Alternative für all jene bietet, die sich mit der Einnahme von Testosteron nicht anfreunden können.
Polymerinjektionen zur Blockierung von Spermien in den Samenleitern
Innovationen wie die reversible Hemmung von Spermien unter Anleitung (RISUG) und Vasalgel sind derzeit einige der am weitesten entwickelten Beispiele in der Pipeline der hormonfreien Ansätze.
Die Verhütungsmittel für Männer RISUG und Vasalgel, die vom Indian Institute of Technology bzw. von der Parsemus-Stiftung auf den Markt gebracht wurden, befinden sich derzeit in der Entwicklung. Sie wirken, indem sie in die Samenleiter injiziert werden und so die Spermien effektiv blockieren. Sie sollen eine weniger invasive und reversible Alternative zur Vasektomie darstellen und Männern eine langfristige Verhütungsmöglichkeit bieten, die bis zu zehn Jahre dauern kann, ohne dass sie sich dauerhaft festlegen müssen. Die jüngste Studie mit RISUG hat eine hohe empfängnisverhütende Wirksamkeit und ein gutes Sicherheitsprofil gezeigt. Es sind jedoch weitere Studien am Menschen erforderlich, um die Reversibilität von RISUG festzustellen.
Während die RISUG-Polymere durch Ausspülen mit einer Injektionslösung rückgängig gemacht werden sollen, hat Contraline Inc. das neue Hydrogel ADAM entwickelt, welches ein Jahr lang hält, bevor es sich von selbst verflüssigt und den normalen Spermienfluss wiederherstellt. Die ersten Tests am Menschen wurden für ADAM genehmigt und werden voraussichtlich 2025 in Australien beginnen.
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Hormonfreie Pillen zur Empfängnisverhütung für Männer
Orale Pillen zur Verringerung der Spermienmotilität
Obwohl sich EP055 noch in einem frühen Entwicklungsstadium befindet, hat sich gezeigt, dass es die Beweglichkeit von Spermien deutlich verringert, indem es an Eppin bindet und dieses Enzym hemmt, das eine wesentliche Rolle bei der Beweglichkeit von Spermien spielt. Bisher wurden Studien zu EP055 nur in kleinen Tierversuchen durchgeführt und es muss noch gründlich untersucht werden, bevor es am Menschen getestet werden kann.
Orale Pillen zur Verhinderung der Spermienproduktion
Eine andere Pille von YourChoice Therapeutics, YCT529, steht jedoch kurz vor der ersten Erprobung am Menschen, nachdem sie in Studien an Mäusen eine 99 %-ige Wirksamkeit und 100 %-ige Reversibilität gezeigt hat. YCT529 verhindert die Spermienproduktion, indem es den Zugang zu Vitamin A blockiert, einem entscheidenden Faktor bei der Spermatogenese in den Hoden. Ähnliche Wege werden derzeit von Brystol Myers Squibb für die männliche Empfängnisverhütung untersucht.
Die Verbrbeitung der Verhütungsmöglichkeiten für Männer ist entscheidend für die Förderung der reproduktiven Autonomie und der gemeinsamen Verantwortung bei der Familienplanung. Neue Technologien und Zukunftsaussichten auf dem Gebiet der männlichen Verhütung versprechen, die derzeitige Lücke zu schließen und sicherere, reversible und wirksame Verhütungsmethoden anzubieten. Je weiter die Forschung voranschreitet, desto größer ist das Potenzial dieser Innovationen bei hormonellen und hormonfreien Ansätzen, die Landschaft der Empfängnisverhütung zu verändern und zur globalen reproduktiven Gesundheit beizutragen. Die derzeit am weitesten fortgeschrittenen Therapien sind NES/T und RISUG, von denen wir in den kommenden zwei Jahren weitere Neuigkeiten erwarten können, während andere hoffentlich nachziehen werden.
Abgesehen von den technischen Fortschritten bei der Entwicklung von Verhütungsmethoden für Männer besteht eine weitere Hürde auf dem Weg zu einer geschlechtergerechten reproduktiven Verantwortung: die Akzeptanz und Bereitschaft der Männer, eine neuartige Verhütungsmethode anzuwenden. Es gibt Studien, die sich mit psychosozialen und kulturellen Faktoren befassen, welche die Nutzung von Verhütungsmitteln durch Männer behindern könnten, und die sich mit Akzeptanz, Vertrauen, Angst vor Nebenwirkungen, Wahrnehmung der Verantwortung für die Verhütung und Angst vor dem Verlust der eigenen Männlichkeit befassen. Dennoch haben mehrere Studien mit anonymen Umfragen gezeigt, dass die Bereitschaft der Männer, neue Verhütungsmittel zu verwenden, mit der zunehmenden Gleichstellung der Geschlechter einhergeht. Weitere Studien, in denen die Sichtweise von Frauen zu diesem Thema abgefragt wurde, haben gezeigt, dass die Mehrheit ihren Partnern die Behandlung anvertrauen würde – was den Irrglauben widerlegt, dass es an Vertrauen gegenüber den Männern mangelt, um sie bei der gemeinsamen Verhütung mitwirken zu lassen.
Die Zukunft der Verhütungsmethoden für Männer sieht zwar vielversprechend aus, da mehrere Forschungsbereiche sowohl biologische als auch technologische Innovationen erforschen, doch bleiben Herausforderungen wie die Gewährleistung der langfristigen Reversibilität, die Minimierung von Nebenwirkungen, die Festlegung der perfekten Dosierung und die Erreichung einer breiten Akzeptanz in der Gesellschaft bestehen. Wir von Alcimed können Sie bei Ihren Innovationsprojekten begleiten, um die Herausforderungen der männlichen Empfängnisverhütung zu meistern. Zögern Sie nicht, unser Team zu kontaktieren!
Über die Autorin,
Sandra, Consultant in Alcimeds Life Sciences Team in Deutschland