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3 innovative Targets für Checkpoint-Inhibitoren in der Krebstherapie

Veröffentlicht am 22 August 2024 Lesen 25 min

Das Immunsystem hat das große Potenzial, Krebszellen gezielt zu zerstören, ohne das umliegende gesunde Gewebe zu schädigen, und durch die Bildung eines Langzeitgedächtnisses das erneute Wiederauftreten von Tumoren zu verhindern. In den letzten Jahren wurden so genannte Checkpoint-Inhibitoren zur Behandlung von Patienten mit verschiedenen Krebsarten eingesetzt. Sie zeigten jedoch gewisse Einschränkungen in ihrer Wirksamkeit und um diese zu überwinden, werden neue Targets für Checkpoint-Inhibitoren erforscht und getestet. In diesem Artikel stellen wir drei neue innovative Targets für Checkpoint-Inhibitoren vor.

Checkpoint-Inhibitoren in der Krebsimmuntherapie

In der Immunonkologie wird die Kraft des Immunsystems des Patienten direkt zur Bekämpfung von Tumorzellen eingesetzt. Krebszellen sind jedoch in der Lage, sich der Immunantwort zu entziehen, indem sie beispielsweise mit Immunzellen interagieren und deren Angriff hemmen. Gesunde Immunzellen kontrollieren sich gegenseitig an verschiedenen Checkpoints, um eine Überstimulation des Immunsystems zu verhindern. Krebszellen machen sich diese Selbstkontrollstrategie zunutze, indem sie die Signalübertragung der Immunzellen unterbrechen oder stören, um deren Aktivität zu blockieren und somit der Immunantwort zu entgehen.

In den letzten Jahren wurden sogenannte Checkpoint-Inhibitoren, die sich insbesondere gegen die Rezeptoren Cytotoxic T Lymphocyte-Associated Protein 4 (CTLA-4) und Programmed Death-1-Receptor (PD-1) bzw. dessen Liganden PD-1L richten, zur Behandlung von Patienten mit verschiedenen Krebsarten eingesetzt. Diese Inhibitoren blockieren die Hemmstoffe, mit denen die Tumorzellen die Immunantwort herunterregulieren und das Immunsystem kann ungehemmt arbeiten.

Dieser immuntherapeutische Ansatz hat die Onkologie revolutioniert, auch wenn die Ansprechrate bei einem Großteil der Patienten leider gering ist. Um diese Einschränkung zu überwinden, werden derzeit neue Checkpoint-Inhibitoren entwickelt, die nicht auf die Interaktion zwischen Tumorzellen und T-Zellen, sondern auf die Interaktion der Tumorzellen mit anderen Immunzellen abzielen, und bereits erfolgreich in klinischen Studien getestet.

T-Zell-Immunrezeptor mit Ig- und ITIM-Domänen (TIGIT)

TIGIT ist ein Rezeptor auf T- und NK-Zellen, der normalerweise an die Oberflächenmoleküle CD155 und CD112 bindet, welche auf Antigen-präsentierenden Zellen exprimiert werden, um inhibitorische Signale auszulösen, welche die Aktivität von T- oder NK-Zellen herunterregulieren. Auch Tumorzellen können diese Oberflächenmoleküle exprimieren, um den physiologischen Kontrollmechanismus des Immunsystems nachzuahmen. In diesem Fall hemmen Tumorzellen die Aktivität von T- und NK-Zellen, um eine gegen den Tumor gerichtete Immunreaktion zu verhindern.

Neben der Bindung an TIGIT können CD155 und CD112 auch an den Oberflächenmarker CD226 binden, der ebenfalls auf T- und NK-Zellen exprimiert wird. Bindet CD226 an CD155 oder CD112, wird eine aktivierende Signalkaskade in Gang gesetzt, die T- oder NK-Zellen stimuliert. Die Blockade der TIGIT-Bindung verhindert also nicht nur die Hemmung der T-Zellen, sondern ermöglicht auch die Aktivierung der T-Zellen über die CD226-Bindung. Es gibt verschiedene Inhibitoren in klinischen Studien, die die TIGIT-Bindung verhindern, z.B. MK-7684 (Merck, klinische Phase 3), Tiragolumab (Roche, klinische Phase 3) und AB154 (Arcus Bioscience, klinische Phase 3).

Die Behandlung mit TIGIT-Inhibitoren zeigte vielversprechende Ergebnisse in Form einer Reduktion der Tumorgröße bei 30% der Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkrebs (NCT03563716). TIGIT-Inhibitoren werden sowohl als Monotherapie als auch in Kombination mit z.B. PD-1-Checkpoint-Inhibitoren getestet. Präklinische und erste klinische Studien deuten darauf hin, dass die TIGIT-Inhibition in Kombination mit anderen Immuntherapien am wirksamsten zur Tumorunterdrückung ist.

Cluster of Differentiation 47 (CD47)

CD47 ist ein Zelloberflächen-Glykoprotein, das ubiquitär auf menschlichen Zellen exprimiert und auf vielen Tumorzellen überexprimiert wird, was es zu einem wertvollen Tumorantigen macht. Unter gesunden Bedingungen bindet CD47 an das Oberflächenmolekül SIRPα (Signal Regulatory Protein α) auf Makrophagen, um ein inhibitorisches Signal auszulösen, das zu einer Herunterregulierung der Makrophagen und Phagozytose-Stopp führt. Die Überexpression von CD47 durch Tumorzellen zwingt die Makrophagen, welche eigentlich die Tumorzellen angreifen würden, sich herunterzuregulieren. Die Blockade von CD47 könnte daher die Immuntherapie von Krebspatienten verbessern, indem die Zahl der aktivierten Makrophagen, welche Tumorzellen phagozytieren können, erhöht wird.

In der Vergangenheit führte die Hemmung von CD47 jedoch zu schweren hämatologischen Nebenwirkungen, da CD47 auch reichlich auf roten Blutkörperchen vorhanden ist. Heute haben Pharmaunternehmen ein ideales Nutzen-Risiko-Profil für ihre CD47-Inhibitoren gefunden, und mehrere monoklonale Antikörper befinden sich in klinischen Phasen, um ihre Sicherheit und klinische Wirksamkeit zu untersuchen, z. B. ALX148 (ALX Oncology, klinische Phase 3), Magrolimab (Forty-Seven/Gilead, klinische Phase 3), Lemzoparlimab (I-Mab Biopharma, klinische Phase 1).

CD47-Inhibitoren werden sowohl als Monotherapie als auch in Kombination in klinischen Studien untersucht. Als Monotherapie zeigen CD47-Inhibitoren allerdings nur eine moderate Ansprechrate, in der Kombinationstherapie konnte jedoch bei Patienten mit rezidiviertem und refraktärem Non-Hodgkin-Lymphom eine Ansprechrate von 21% beobachtet werden (NCT02953509).


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Lymphozyten-Aktivierungs-Gen-3 (LAG3)

LAG3 ist ein Zelloberflächenprotein, das von aktivierten T-Zellen nach Antigenstimulation exprimiert wird. Normalerweise löst die Bindung von LAG3 an seine Liganden auf Antigen-präsentierenden Zellen ein intrazelluläres inhibitorisches Signal aus, das zur Deaktivierung der spezifischen T-Zelle führt. Dieser inhibitorische Stimulus von LAG3 steht in engem Zusammenhang mit seiner Expressionsstärke. Je länger die Antigenexposition andauert, desto mehr LAG3 wird exprimiert und desto stärker ist die inhibitorische Signalkaskade. Tumorinfiltrierende T-Zellen sind kontinuierlich Tumorantigenen ausgesetzt und exprimieren LAG3 stark, was zu ihrer Hemmung führt.

Bei verschiedenen Krebsarten sind die Expressionsrate von LAG3 und die Tumorinfiltration durch LAG3-positive Zellen mit der Tumorprogression, einer schlechten Prognose und einem ungünstigen klinischen Outcome assoziiert. Die Blockade der LAG3-Ligandenbindung könnte die herunterregulierten T-Zellen reaktivieren und ihre Anti-Tumorfunktion stimulieren. Mehrere Medikamente, die auf LAG3 abzielen, werden derzeit untersucht, darunter die antagonistischen monoklonalen Antikörper Relatlimab (Bristol-Myers Squibb, klinische Phase 3), LAG525 (Novartis, klinische Phase 2) und MK-4280 (Merck, klinische Phase 3).

Bei der Anwendung von LAG3-Inhibitoren als Monotherapie wurden nur geringe therapeutische Effekte beobachtet, aber die Kombination mit PD-1-Inhibitoren verstärkte die therapeutische Wirkung der PD-1-Inhibitoren allein. Bei Patienten mit fortgeschrittenem Melanom, bei denen eine vorangegangene Anti-PD-1- oder Anti-PD-L1-Immuntherapie fehlgeschlagen war, lag die objektive Ansprechrate nach Behandlung mit kombinierten PD-1- und CD47-Inhibitoren bei 11%. Bei Patienten mit einer LAG3-Expression in mindestens 1% der tumorassoziierten Immunzellen innerhalb des Tumorrandes war die objektive Ansprechrate mit 18% sogar noch höher (NCT01968109).

Zusammenfassend zeigen die drei hier vorgestellten neuen Targets für Checkpoint-Inhibition die vielfältigen Behandlungsmöglichkeiten auf zellulärer Ebene in der Immunonkologie. Diese innovativen Checkpoint-Inhibitoren richten sich gegen verschiedene Immunzellen und werden bereits in späten klinischen Phasen getestet. Ihre therapeutische Wirkung wird durch die Kombination mit klassischen Checkpoint-Inhibitoren wie PD1-Inhibitoren verstärkt. Die weitere Erforschung der natürlichen Checkpoints des Immunsystems und wie Tumorzellen diese ausnutzen können, wird in Zukunft die Identifizierung weiterer Targets ermöglichen. Weitere Beispiele für aktuelle Ansätze zur Steigerung der Wirksamkeit von Immuntherapien in der Onkologie sind der Einsatz von mRNA-basierten Therapeutika oder einer neuen Generation von CAR-T-Zellen, die ebenfalls kombiniert werden könnten. Natürlich gibt es weitere Targets in der Entwicklung und neue Technologien in der Erprobung, die in diesem Artikel nicht besprochen werden können. Wir von Alcimed werden Sie über zukünftige Entwicklungen auf dem Laufenden halten.


Über die Autoren, 

Volker, Great Explorer Oncology und Frederike, Consultant in Alcimeds Healthcare Team in Deutschland

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