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CED: Mikrobiom als neue Hoffnung für die Behandlung

Veröffentlicht am 20 August 2024 Lesen 25 min

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED, im Englischen Inflammatory Bowel Diseases oder IBD) betreffen in Frankreich etwa 200.000, in Europa etwa 2,5 Millionen und weltweilt etwa 10 Millionen Menschen. Zu den CEDs gehören Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Jedes Jahr werden etwa 8000 neue Fälle gemeldet. Die Ursachen sind nicht eindeutig geklärt, aber genetische Veranlagung, Umweltverschmutzung, Ernährung und Rauchen sind Risikofaktoren. CED wird als Langzeiterkrankung eingestuft, so dass die Patienten für die Dauer der Erkrankung zu 100 % sozialversichert sind. Dennoch ist dieser Schutz für die Patienten unzureichend, da die Krankheit ihre Lebensqualität erheblich beeinträchtigt. Aus diesem Grund wurden Gesundheitslösungen entwickelt, die noch optimiert werden müssen, sowie neue therapeutische Lösungen, die auf dem Mikrobiom basieren, um den Bedürfnissen der Patienten und des Pflegepersonals gerecht zu werden.

Was sind CEDs?

Die Pathophysiologie der CED ist durch eine Entzündung der Darmwand und eine Dysregulation des Immunsystems gekennzeichnet. Dies führt unteranderem zu abdominalen und/oder rektalen Schmerzen, heftigem Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit und rektalen Blutungen.

CEDs werden normalerweise im Alter von 20-30 Jahren diagnostiziert. Die Diagnose von CED benötigt eine Vielzahl von Untersuchungen inklusiver klinische, biologische (z.B., C-reactive Protein, Calprotectin), endoskopische, radiologische und histologische (zur Bestätigung des Vorhandenseins von Läsionen im Darm, Rektum oder Kolon). Die Diagnose wird häufig dadurch erschwert, das CED-Symptome denen anderer Erkrankungen des Verdauungstraktes, wie der Zöliakie oder einer Darminfektion, ähneln.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es und wie wirken sie sich auf die Lebensqualität aus?

Nach der Diagnose besteht die Herausforderung darin, mit der Krankheit leben zu lernen. Eine chronische Erkrankung wie die CED hat nicht nur physiologische Symptome (Bauchschmerzen, Durchfall, Übelkeit, etc.), sondern auch systemische (Müdigkeit etc.), sowie psychische und soziale Auswirkungen.

Leider zielen die bisherigen Behandlungen nur darauf ab, die Entzündung und Dysregulation des Immunsystems mit Kortikosteroiden, Immunsuppressiva (z.B., Ciclosporin), Aminosalicylaten und Biotherapeutika (z.B., Anti-TNF, Vedolizumab,) zu reduzieren, ohne jedoch eine Heilung zu ermöglichen. Trotz dieser Behandlungen haben CEDs weiterhin einen starken Einfluss auf die Lebensqualität der Patienten.

Eine 2008 in Frankreich durchgeführte Umfrage bei 2424 Patienten, die von der nationalen Beobachtungsstelle für CED veröffentlicht wurde, zeigte:

  • Auswirkungen auf die berufliche Tätigkeit: Etwa die Hälfte der Patienten nahm im Jahr mindestens eine Arbeitsunterbrechung in Anspruch, welche im Durchschnitt 2 Monate dauerte. Die Auswirkungen auf die berufliche Tätigkeit können auch andere Formen annehmen wie z.B., die Anpassung der Arbeitszeiten, die Wahl der beruflichen Ausrichtung, der Verzicht auf den angestrebten Beruf oder einen Berufswechsel.
  • Auswirkungen auf das tägliche Leben durch z.B., Müdigkeit oder Stress.
  • Auswirkungen auf das soziale Leben wie z.B., Isolation oder Einschränkung der Freizeitaktivitäten

Welche Hilfsmittel gibt es, um das Leben von CED-Patienten zu erleichtern?

Es wurden verschiedene Ansätze entwickelt, um die Unterstützung, die Bereitstellung von Information und das Management zu verbessern sowie die Auswirkungen der Krankheit für den Patienten zu begrenzen:

MICI Connect

Eine Informations-, Unterstützungs- und Austauschplattform für ein besseres Leben mit einer CED-Erkrankung. Die Website richtet sich sowohl an Patienten als auch an medizinisches Fachpersonal.

Die Website besteht aus verschiedenen Modulen:

  • Informationsbereich: Informationsmaterial zum besseren Verständnis der Erkrankung
  • Gesundheitsfragebögen: zur Bewertung der Lebensqualität und zur Überwachung des Krankheitsverlaufs
  • Ein Online-Terminbereich: für Gespräche mit einem erfahrenen Patienten oder einem spezialisierten Arzt, um die Unterstützung für CED-Betroffene zu verstärken
  • Ein Gesundheitsordner: um Gesundheitsdokumente online zu sammeln (Rezepte usw.)
  • Ein Bereich für Diskussionen: zwischen CED-Patienten, aber auch mit Fachleuten und Angehörigen der Gesundheitsberufe.
  • Ein Bereich für die Forschung: Fragebögen, Umfragen, Forschungsstudien

The National IBD Observatory

Die Nationale Beobachtungsstelle für CED ist eine Initiative der „Association François Aupetit“ (AFA), deren Ziel es ist, die Anzahl der Patienten zu überwachen, Forschungsmöglichkeiten zu identifizieren, die Lebensqualität der Patienten zu verbessern, Risikofaktoren zu identifizieren, Gesundheitsmaßnahmen zu evaluieren und den Patienten eine Stimme zu geben.

EASY IBD

Es handelt sich um ein Softwareprogramm, das die Einrichtung einer nationalen multizentrischen Beobachtungsstelle für die Behandlung von CED im privaten Sektor ermöglicht. Das Tool ist für Angehörige der Gesundheitsberufe bestimmt, um die Behandlung ihrer Patienten zu registrieren und eine deskriptive Analyse der Praktiken zu ermöglichen.

MaRDI Centers

MaRDi-Zentren (Rare Digestive Diseases) sind akkreditierte Zentren für die Behandlung seltenen Erkrankungen des Verdauungssystems und CED. Diese Zentren vereinen ein Netzwerk von medizinischen und sozialen Fachkräften sowie Patientenverbänden mit dem Ziel, die Diagnose und Betreuung der Patienten zu verbessern, den Behandlungsprozess zu optimieren, therapeutische Fortbildungen zu organisieren und die Forschung zu fördern. Das Netzwerk umfasst etwa dreißig Zentren in ganz Frankreich und ist mit Partnerlabors (insbesondere INSERM) und Fachgesellschaften (z.B., GFHGNP) verbunden, um das Wissen zu bündeln und die Forschung zu fördern.

Welche Zukunft hat die Entwicklung neuer Therapien: Hoffnungsträger Darm-Mikrobiom?

Derzeitige Therapien zielen hauptsächlich auf eine entzündungshemmende Wirkung ab. Diese Wirkung hat jedoch kurz- und langfristige Nebenwirkungen (z.B., Übelkeit, allergische Reaktionen, Pankreatitis). Das Mikrobiom ist ein Bereich, dem sich viele Forscher zugewandt haben, um neue therapeutische Möglichkeiten zu finden. Bei CED kann die Zusammensetzung der lebenden Mikroorganismen im Mikrobiom verändert sein. Die Erforschung des Mikrobioms ermöglicht folgende Ansätze:

Stuhltransplantation

Bei der Stuhltransplantation wird der Stuhl einer gesunden Person in den Verdauungstrakt eines Patienten eingebracht, um das Mikrobiom des Patienten wiederherzustellen und pathogene Bakterien zu bekämpfen. Diese Behandlung ist derzeit auf wiederkehrende Infektionen mit Clostridium difficile beschränkt. Der Erfolg bei der Wiederherstellung einer ausgewogenen Mikrobioms hat Forscher dazu veranlasst, diese Behandlung auch bei CED einzusetzen. Die vermutete Rolle des Darmmikrobioms bei CED ist jedoch nur ein Faktor unter vielen, im Gegensatz zur C. difficile-Infektion, die fast ausschließlich mit einer Veränderung des Darmmikrobioms in Verbindung gebracht wird. CED-Behandlungen mit Stuhltransplantation bleibt ein interessantes Gebiet, das im Rahmen eines globalen Managements optimiert und synchronisiert werden muss.

Probiotische Nanopartikel

Probiotika sind lebende Mikroorganismen, die sich positiv auf die Gesundheit des Wirts auswirken. Sie werden seit vielen Jahren als Nahrungsergänzungsmittel eingesetzt, um das Darmmikrobiom wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Ihre Wirksamkeit hängt von mehreren Faktoren ab, wie z.B., von der Zusammensetzung der Bakterienstämme (bei einigen Stämmen wurden Absorptionsschwierigkeiten festgestellt). Um dieses Problem zu lösen, haben Forscher den Stamm Bacillus amyloliquefaciens (BA) in Nanopartikel eingekapselt und damit Colitis bei Ratten behandelt. Dies verbesserte die Stabilität des Stammes und ermöglichte eine längere Wirkungsdauer im Magen-Darm-Trakt, was zu einer höheren Wirksamkeit führte.


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Synthetische Glykane

Synthetische Glykane sind synthetische Polysaccharid-Verbindungen, die den chemischen Eigenschaften von Ballaststoffen sehr ähnlich sind. Wie Studien gezeigt haben könnten diese synthetischen Verbindungen eine Rolle bei der Modulation der Zusammensetzung des Mikrobioms spielen und dadurch bestimmte Bakterien, insbesondere entzündungshemmende Bakterien, bei der Behandlung von CED fördern.

Diese vielversprechenden neuen Therapien erfordern noch viele Jahre der Forschung an Tieren und Menschen, um ihre Formulierung zu optimieren und ihre Wirksamkeit nachzuweisen. Sofern erfolgreich, werden diese weitere Möglichkeiten im therapeutischen Arsenal für die Behandlung von CED eröffnen.

Neben diesen Ansätzen, die auf das Darmmikrobiom abzielen, werden in der Forschung weiterhin neue Hypothesen zur Vorbeugung von Entzündungen getestet wie z.B., Vagus-Nerv Stimulation, die in einer, 2012 vom Universitätsklinikum Grenoble gestarteten, klinischen Studie positive Ergebnisse gezeigt hat. Darüber hinaus werden neue alternative Techniken zur täglichen Schmerzbehandlung entwickelt. Dies gilt insbesondere für die Hypnose, die in klinischen Studien eine Verringerung der Bauchschmerzen bei CED gezeigt hat.

CED ist ein Risikofaktor für Dickdarm- und Mastdarmkrebs. Die Unterstützung der Forschung zur Verhinderung der Entstehung von Läsionen ist daher unerlässlich, um das Krebsrisiko zu senken und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Das Wissen über das Mikrobiom und seine Funktionsweise ist eine Quelle der Hoffnung für die betroffenen Patienten. Alcimed kann Sie bei Ihren Projekten zu diesen Themen zu unterstützen.


Über die Autorin, 

Maureen, Consultant in Alcimeds Life Sciences Team in Frankreich

 

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