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Diagnose Endometriose: große Herausforderungen im Kampf gegen eine Volkskrankheit

Veröffentlicht am 25 Juli 2024 Lesen 25 min

Endometriose ist eine komplexe, gynäkologische Erkrankung, die in der Öffentlichkeit immer noch kaum bekannt ist, von der aber eine von zehn Frauen im gebärfähigen Alter betroffen ist, d.h. 190 Millionen Frauen weltweit. Jedes Jahr wird die Krankheit bei ca. 2 Millionen Frauen neu diagnostiziert. Diese Zahlen werden jedoch unterschätzt, da die Diagnose der Endometriose schwierig ist, die Symptome mit den Schmerzen, die während des Menstruationszyklus auftreten können, verwechselt werden und die Krankheit bei einigen Fachleuten des Gesundheitswesens nicht ausreichend bekannt ist. Die französische Nationalversammlung hat Endometriose vor kurzem als Langzeiterkrankung anerkannt, so dass die Kosten für betroffene Frauen besser gedeckt werden können.

Was ist Endometriose?

Endometriose steht in engem Zusammenhang mit dem Endometrium, der Schleimhaut, die die Gebärmutter auskleidet und sich während des Menstruationszyklus verdickt und verdünnt. Bei Patientinnen mit Endometriose findet sich Endometrium auch außerhalb der Gebärmutter in und an anderen Organen wie unteranderem den Eierstöcken, dem Enddarm, der Harnblase, der Vagina und in seltenen Fällen auch in der Lunge oder im Gehirn. Diese Endometrioseherde werden durch hormonelle Veränderungen beeinflusst, aber während des Menstruationszyklus nicht abgebaut, was zu einer Entzündungsreaktion führt, die starke Schmerzen verursacht.

Welche Symptome sind typisch für Endometriose?

Das vorherrschende Symptom der Endometriose sind Schmerzen im Beckenbereich, insbesondere während der Menstruation, da Endometrioseherde empfindlich auf weibliche Hormone reagieren und somit während der Menstruation wachsen und/oder bluten können. Zusätzlich kann es zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie), beim Wasserlassen (Dysurie) oder beim Stuhlgang (Dyschezie) kommen. Neben dem Hauptsymptom Schmerz, gilt auch Unfruchtbarkeit als ein Symptom der Endometriose.

Erschwerend gibt es allerdings auch komplett symptomfreie Varianten der Endometriose, die erst entdeckt werden, wenn sich Patientinnen mit dem Thema Kinderwunsch auseinandersetzen.

Arten und Schweregrade der Endometriose

Drei Arten der Endometriose sind bislang beschrieben:

  • Oberflächlich peritoneale Endometriose – gekennzeichnet durch das Vorhandensein von Endometrioseherden auf der Oberfläche des Bauchfells (Peritoneum)
  • Subperitoneale Endometriose (im tiefen Becken) – gekennzeichnet durch das Vorhandensein von Endometrioseherden die mehr als 5mm unter der Oberfläche des Peritoneums liegen
  • Ovariale Endometriose – gekennzeichnet durch die Bildung von Zysten am Eierstock

Es gibt viele verschiedene Arten und Klassifikationen zur Charakterisierung von Endometriose: Am weitesten verbreitet ist die Klassifikation der „American Fertility Society“ (ASRM-Score), die auf chirurgischen Daten beruht und Endometriose in vier Stadien von leicht bis schwer einteilt. Der Endometriose-Fertilitätsindex stützt sich zusätzlich zu den chirurgischen Daten auf die Krankengeschichte der Patientin, um die Wahrscheinlichkeit einer spontanen Schwangerschaft nach der Operation zu beurteilen.

Diagnose und Behandlung von Endometriose

Zwischen dem ersten Auftreten von Symptomen und der tatsächlichen ärztlichen Diagnose vergehen durchschnittlich 7 Jahre. Diese lange Zeit des diagnostischen Irrwegs erklärt sich zum Teil durch lange Wartezeiten bei der Konsultation von Fachärzten, zum Teil aber auch durch die Unkenntnis mancher Angehöriger der Gesundheitsberufe, die zur Veranlassung nicht aussagekräftigen Untersuchungen führen.

Der Weg zur Diagnose Endometriose beginnt in der Regel mit einer Untersuchung durch den Hausarzt, den Gynäkologen oder die Hebamme, bei der die Schmerzen und die Auswirkungen auf die Lebensqualität der Patientin beurteilt werden, gefolgt von einer gynäkologischen Untersuchung des hinteren Scheideneingangs.

Nach der initialen Untersuchung wird eine Ultraschall- oder MRT-Untersuchung veranlasst, deren Ziel es ist, das Ausmaß der Endometriose zu beurteilen und eine geeignete Behandlung einzuleiten. Die Ärztin oder der Arzt kann dann eine Hormonbehandlung verschreiben, um das Einsetzen der Regelblutung zu verhindern, z. B. Östrogene (Antibabypille) oder Levonorgestrel-freisetzende Intrauterinpessare (IUP), die die Schmerzen stoppen und der Frau ein normales Leben ermöglichen können.

Wenn diese Art der Behandlung nicht ausreicht, kann eine künstliche Menopause durch Injektion von Agonisten des „Gonadotropin-Releasing-Hormons“ (GnRH) herbeigeführt werden, die auf die Hypophyse wirken und den Eisprung unterdrücken. Bei Anzeichen für eine tiefe Endometriose wird eine MRT-Untersuchung des Beckens und/oder der Bauchhöhle oder eine endovaginale Ultraschalluntersuchung durchgeführt, um die Größe der Läsionen und ihre Lage zu bestimmen, bevor eine operative Entfernung vorgenommen wird.

Bei Problemen mit dem Verdauungstrakt und den Harnwegen können weitergehende, spezialisierte Untersuchungen durchgeführt werden.

Aufräumen mit Vorurteilen: Endometriose als Synonym für Unfruchtbarkeit?

30-40% aller Frauen mit Endometriose sind mit Fruchtbarkeitsproblemen konfrontiert. Der Zusammenhang zwischen Endometriose und Unfruchtbarkeit ist wissenschaftlich nicht geklärt, aber die Endometrioseherde können eine mechanische Barriere bilden und ein ungünstiges Umfeld für die Befruchtung schaffen, was sich auf alle Stadien der Fortpflanzung (gestörte Follikelreifung, ausbleibende Freisetzung von Eizellen, nachteilige Auswirkungen auf Spermien, Implantationsprobleme) auswirken kann. Kürzlich wurde jedoch nachgewiesen, dass Endometriose-Patientinnen ungewöhnliche Hormon- und Genexpressionsprofile aufweisen, welche die Gebärmutter für die Aufnahme eines Embryos möglicherweise negativ beeinflussen.

Wichtig hervorzuheben ist, dass Unfruchtbarkeit nicht gleichbedeutend mit Sterilität und eine Schwangerschaft damit durchaus möglich ist: Je nach Ausmaß der Endometriose kann eine Stimulation der Eierstöcke mit oder ohne intrauterine Insemination oder eine In-vitro-Fertilisation (IVF) durchgeführt werden. Ein chirurgischer Eingriff zur Entfernung der Läsionen wird nicht unbedingt empfohlen, um die Chancen auf eine Schwangerschaft zu verbessern; er wird jedoch bei tiefer Endometriose oder im Falle einer gescheiterten IVF durchgeführt.


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Endometriose: eine schwere Beeinträchtigung der Lebensqualität von Frauen

Endometriose hat viele negative Auswirkungen auf die Lebensqualität der Patientinnen. Sie kann zu Einschränkungen führen, die die Patientinnen daran hindern, ihrer Arbeit oder dem alltäglichen Leben nachzugehen: Viele Patientinnen berichten von verminderter geistiger Leistungsfähigkeit, eingeschränkter körperlicher Belastbarkeit und wiederholtem Fehlen am Arbeitsplatz. Zusätzlich zu den Krankheitssymptomen können psychische Erkrankungen und Nebenwirkungen der Behandlung auftreten.

Endometriose wurde kürzlich von der französischen Nationalversammlung als Langzeiterkrankung anerkannt, was eine 100%ige Kostenübernahme durch die Krankenkassen ermöglicht. Diese Anerkennung würde insbesondere eine Befreiung von der Vorauszahlung der Gesundheitskosten, eine Verkürzung der Wartezeiten bei Krankschreibungen und eine Neuorganisation der Arbeitszeiten der Patientin ermöglichen, was die Lebensqualität der Patientinnen erheblich verbessern würde.

Zeit bis zur Diagnose Endometriose: eine große Herausforderung im Kampf gegen die Krankheit

Die größten Herausforderungen bestehen heute darin, die Lebensqualität der Patientinnen sowie ihre Betreuung zu verbessern und insbesondere die Zeit bis zur Diagnose der Endometriose deutlich zu verkürzen.

Digitale Plattformen wie Easyendo oder EndoZiwig können bei den ersten Schritten der Diagnose helfen und die Patientin an Experten für die Krankheit verweisen.

Darüber hinaus werden zahlreiche Früherkennungstests für die Diagnose der Endometriose auf der Basis von Bluttests oder Endometrium-Biopsien entwickelt, die nach Biomarkern der Erkrankung suchen, wie z.B. die Quantifizierung von microRNA (Dotlab) oder die Expression von Zellzyklusgenen (HOX-Gene; MetriDx).

Endometriose ist eine sehr häufige Erkrankung, deren Diagnose schwierig und zeitaufwändig ist, da das Hauptsymptom, die Dysmenorrhoe (Schmerzen während der Menstruation), oft übersehen wird. Die Diagnose der Endometriose zu erleichtern, um Patientinnen besser behandeln zu können, ist eine der größten Herausforderungen, um die Gesundheit und Lebensqualität der betroffenen Frauen zu verbessern. Alcimed ist bereit, Akteure und Lösungen für diesen ungedeckten medizinischen Bedarf zu unterstützen. Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren!


Über die Autorinnen, 

Manon, Consultant und Christelle, Project Manager in Alcimeds Life Sciences Team in Frankreich

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